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Wirtschaft: Opec hat Angst vor einer Ölschwemme

Kartell will mehr Disziplin unter den Mitgliedern und geringere Förderung – Gerüchte um Austritt des Irak

Berlin. Es ist gerade erst einen Monat her, da ging weltweit die Furcht um, dass der Krieg im Irak die Ölversorgung empfindlich stören könnte. Pessimisten sahen schon hunderte von Ölquellen in der Region in Flammen aufgehen. Der Reichtum des Iraks wäre auf lange Zeit unbrauchbar, die Folgen für die Umwelt unabsehbar. Selbst die Ölproduktion des großen Nachbarn Saudi-Arabien, dem wichtigsten Ölexporteur der Welt, schien bedroht. Ein Preis von 100 Dollar je Barrel (159 Liter) galt als möglich.

Doch schon kurz vor der Invasion des Iraks durch britische und amerikanische Truppen waren die Preise abgesackt. Und seitdem sinken sie immer weiter. Hatte ein Barrel der Nordseesorte Brent vor dem Krieg in der Spitze noch etwa 35 Dollar gekostet, notierte Öl am Mittwoch bei rund 25,30 Dollar. Bei dem Sondertreffen der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec), das an diesem Donnerstag in Wien stattfindet, redet das Kartell deshalb nicht mehr darüber, wie die Ölversorgung der Welt auch im Notfall aufrecht erhalten werden könnte. Grund für das Treffen, lediglich anderthalb Monate nach der letzten ordentlichen Sitzung am 11. März, ist die Angst vor einer Ölschwemme und einem unaufhaltbaren Preisverfall.

Die Opec plant offiziell allerdings keine Kürzung der Produktionsquoten, die sie ihren einzelnen Mitglieder zubilligt. Ein Sprecher sagte dem Tagesspiegel: „Darum geht es nicht, aber um mehr Förderdisziplin.“ Die Opec-Länder dürfen zusammen täglich 24,5 Millionen Barrel produzieren. Das entspricht etwa 40 Prozent der Weltproduktion. Als Reaktion auf den Irak-Krieg hatte die Opec jedoch das Quotenregime gelockert, um flexibler auf mögliche Produktionsausfälle reagieren zu können. Mittlerweile geht die Opec davon aus, dass das tägliche Ölangebot auf den Weltmärkten die Nachfrage um mindestens zwei Millionen Barrel übersteigt.

Die Überproduktion dürfte weiter zunehmen, wenn die Opec nicht handelt. Zum einen gibt mit dem Frühjahr die Ölnachfrage bisher normalerweise nach. Zum anderen drängen wieder Ölproduzenten auf den Markt, die in den vergangenen Monaten ganz oder teilweise ausgefallen waren. Venezuela, einer der wichtigsten Öllieferanten der USA, fördert seit kurzem wieder so viel Öl wie vor dem Beginn landesweiter Streiks im vergangenen Dezember – nämlich rund drei Millionen Barrel pro Tag. Und auch beim Opec-Mitglied Nigeria, dem größten afrikanischen Ölproduzenten, hat sich die Lage wieder weitgehend normalisiert. Die Lieferausfälle hatten in den vergangenen Monaten vor allem in den USA dafür gesorgt, dass die Ölvorräte stark abgeschmolzen sind. Sie wurden jetzt wieder aufgefüllt; die dadurch ausgelöste Sondernachfrage schmilzt deshalb langsam wieder ab.

Zusätzlich sorgt der Irak für politischen Sprengstoff auf dem Opec-Sondergipfel. Das Land, das vor dem Krieg täglich zwischen ein und zwei Millionen Barrel Öl exportierte, nimmt wieder langsam die Produktion auf. Der Irak ist zwar Opec-Mitglied, der Export des Iraks steht jedoch noch unter der Kontrolle der UNO. Er kann nur im Rahmen des „Öl für Nahrungsmittel“-Programms erfolgen. Die USA drängen allerdings darauf, dass die Sanktionen gegen den Irak nach dem Sturz des Diktators Saddam Hussein nun aufgehoben werden sollen. Dann müsste die Opec dem Land aber auch wieder eine bestimmte Förderquote zubilligen. Welche Opec-Mitglieder dann auf einen Teil ihrer Quoten verzichten wollen, ist unklar.

Die Opec befürchtet deshalb, unter dem Einfluss der USA könnte der Irak bald aus der Opec austreten und die Förderung hoch fahren. Allerdings fehlt der Opec ein irakischer Ansprechpartner. Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte: „Die USA werden niemanden ernennen oder etwas entscheiden. Das ist Sache der Iraker.“ Es sei deshalb möglich, dass diesen Donnerstag kein irakischer Vertreter an der Opec-Sitzung teilnehmen werde. Die Opec selber hat eine Einladung an die irakische Botschaft in Wien geschickt. „Wir haben aber keine Rückmeldung“, sagte ein Sprecher.

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