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Opel: Russischer Jubel

Offiziell wird der Deal in Russland bejubelt. Doch Experten fürchten hohe Kosten für die Sberbank.

Moskau - Opel sei „zu Nutz und Freuden Russlands“ verkauft worden, jubelte die sonst eher kritische Wedomosti, Russlands führende Wirtschaftszeitung, am Freitag: Der Deal, dass der Autozulieferer Magna und die russische Sberbank zusammen 55 Prozent an Opel erwerben, sei nicht nur für die Sberbank wichtig, sagte dessen Chef, German Gref, dem Blatt, sondern für ganz Russland. Dadurch werde dessen Integration in die europäische Wirtschaft vorangebracht. Auch Präsident Dmitri Medwedew und Premier Wladimir Putin begrüßten den Kauf.

Die Moskauer Wirtschaftszeitung Kommersant – Erzkonkurrent von Wedomosti – ist dagegen eher skeptisch, und ihr gegenüber gab sich auch Gref weit weniger optimistisch. Er sprach von „beispiellos schweren Verhandlungen“. Allein die Absichtserklärung umfasse über 1000 Seiten, um deren Inhalt erbittert gefeilscht wurde. Auch sei das Geschäft noch nicht unter Dach und Fach. Es gebe nach wie vor jede Menge ungelöste Probleme.

Bisher, so schreibt das Blatt, sei es Magna nicht gelungen, sich mit GM über die Nutzungsrechte von Opel-Technologie zu einigen. Auch müssen Magna und Sberbank all ihre Pläne für Opel mit dem „Joint Product Board“ abstimmen, einem Aufsichtsgremium aus Vertretern von GM und Magna. Das letzte Wort sollen aber die Amerikaner behalten.

Kritisch äußerte sich auch Jewgeni Jassin, früherer Wirtschaftsminister und jetzt Rektor einer Wirtschaftshochschule. Opel, warnte er bei Radio „Echo Moskwy“, werde Russland sehr viel Geld kosten. 350 Millionen Euro in bar muss allein die Sberbank hinblättern, dazu weitere 150 Millionen für Anleihen, die später in Aktien umgewandelt werden.

Gleicher Meinung ist Alexander Schochin, Präsident des einflussreichen Verbandes russischer Industrieller und Produzenten. Wenn Opel-Konstrukteure nach Russland geholt würden, sagte er dem Sender, würden trotzdem ähnliche Missgeburten das Licht der Welt erblicken, wie sie derzeit bei Gaz oder Awtowaz vom Band rollen. Beide werden als mögliche Kandidaten für die Opel-Produktion in Russland gehandelt. Daher, so Schochin, müsse das Opel-Potenzial da bleiben, wo es ist, im Westen.

Genau das forderte auch Präsident Medwedew in der Online-Zeitung Gazeta.ru. Die Zeiträume zur Überwindung der Rückständigkeit, an der Russlands Wirtschaft ihm zufolge krankt, sind allerdings sehr großzügig veranschlagt, fürchten Experten, vor allem mit Blick auf die Probleme der Autobauer. Elke Windisch

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