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Opel-Übernahme: GM könnte Rüsselsheimer gezielt in Insolvenz treiben

GM spielt bei Opel offenbar auf Zeit. Die Insolvenz hätte für den US-Konzern nach Ansicht von Experten so manchen Vorteil. Die deutsche Seite gibt sich dennoch weiter optimistisch.

Keine Entscheidung - das kann auch eine Aussage sein: Der US-Autobauer General Motors (GM) gab am Dienstag entgegen den Erwartungen kein Votum darüber ab, an wen die bisherige deutsche Tochter Opel denn nun verkauft werden soll. Bei der Fahrt aus der US-Insolvenz hatte der GM-Konzern Anfang Juli ein Rekordtempo von nur rund 40 Tagen vorgelegt. Nun aber stehen die Manager in Detroit auf der Bremse.

GM spielt nach Einschätzung von Beobachtern im Poker um Opel bewusst auf Zeit. Der GM-Favorit - der Finanzinvestor RHJ International - ist in Deutschland nicht durchsetzbar. Mit dem deutschen Wunschkandidaten - dem Zulieferer Magna - haben die Amerikaner Probleme. Sie fürchten zu viel Konkurrenz und zu wenig Einfluss.

Der US-Hersteller wolle Opel daher gezielt in die Insolvenz treiben, meint Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. "Man gewinnt den Eindruck, GM spielt mit den Werken Monopoly", sagt er. Auch US-Medien spekulieren über diesen "dritten Weg".

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte eine Insolvenz ebenfalls mehrfach als Option ins Spiel gebracht, um sich den Bietern nicht zu schnell auszuliefern. Mit dieser Haltung steht Guttenberg jedoch in der großen Koalition auf verlorenem Posten. Berlin und die vier Bundesländer mit Opel-Standorten bevorzugen eine Magna-Lösung.

Die eigentlichen Verhandlungen spielen sich zwischen Berlin und Washington ab. Am Steuer sitzt bei "Government Motors", wie GM in den USA längst heißt, die US-Regierung als neuer Mehrheitsaktionär. Auch wenn Präsident Barack Obama öffentlich gern beteuert, eher auf dem Rücksitz mitzufahren, ist es ein offenes Geheimnis, dass GM-Chef Fritz Henderson seinen Marschbefehl aus dem Weißen Haus bekommt. Und dort gilt als oberste Devise: US-Jobs vor deutschen Arbeitsplätzen.

Doch auch wenn alles nach Kollisionskurs zwischen Detroit und Rüsselsheim aussieht, gleichgültig kann Opel dem GM-Konzern keineswegs sein. Im Gegenteil, der Kampf ist so erbittert, weil der US-Riese für sein Überleben massiv auf die bisherige deutsche Tochter angewiesen ist.

Ohne moderne, spritsparende Opel-Modelle sieht die Zukunft für GM düster aus. Daher der Streit um Patente, Technologien und Märkte. "Sie brauchen Opel zwingend für mittelgroße und kleine Autos", sagt Experte David Cole vom Center for Automotive Research in US-Medien. "Viele ihrer besten neuen Produkte kommen aus Europa. Das wollen sie nicht verlieren und es auch niemand anderem überlassen."

Unterdessen saßen am Dienstag in Berlin wieder Vertreter von Bund und Ländern, GM und den beiden Opel-Anwärtern zusammen. Nach den Gesprächen zeigte sich Wirtschaftsstaatssekretär Jochen Homann zuversichtlich. GM, Magna und RHJI hätten bestätigt, dass sie sich in der Lage sähen, bis Ende der Woche "untereinander klarzukommen".

Nach Ansicht des Opel-Betriebsrates rückt GM unter dem massiven politischen Druck aus Deutschland von seiner ablehnenden Haltung gegen Magna ab. Die GM-Führung könnte von ihrer bisherigen Präferenz für den Finanzinvestor RHJ International abgehen.

Ein Ergebnis rückt damit vielleicht doch in greifbare Nähe. Will man eine Insolvenz von Opel vermeiden, kann das Pokerspiel nicht ewig weitergehen. Die von deutscher Seite bereitgestellte Überbrückungsfinanzierung für den angeschlagenen Autobauer in Höhe von 1,5 Milliarden Euro ist spätestens im Herbst aufgebraucht.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Bettina Grachtrup, Roland Freund

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