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Wirtschaft: Opel will Standort Bochum erhalten

Management und Arbeitnehmer vereinbaren Verhandlungen, um das Überleben der gefährdeten Werke zu sichern

Rüsselsheim - Opel-Vorstand und Gesamtbetriebsrat wollen bei ihren Verhandlungen über die Umsetzung des Sanierungsprogramms von General Motors (GM) Europa die Fabriken in Rüsselsheim, Bochum und Kaiserslautern „soweit wettbewerbsfähig machen, dass sie über das Jahr 2010 hinaus als Automobilwerke erhalten werden können.“ Begleitet von massiven Protesten vor allem in Bochum und Rüsselsheim verständigten sich beide Seiten auch darauf, den von GM geforderten Abbau von 10000 Stellen allein in Deutschland möglichst „sozialverträglich“ zu gestalten. Alle „sinnvollen“ betrieblichen Möglichkeiten sollen ausgelotet werden. Das teilten Management und Arbeitnehmervertreter am Dienstag in einer gemeinsamen Stellungnahme mit.

Beide Seiten wollen schon am Mittwoch ihre Gespräche wieder aufnehmen. „Es ist absolut notwendig, dass wir morgen wieder am Verhandlungstisch sitzen“, sagte der Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz am Dienstag bei einer Kundgebung in Rüsselsheim, an der allein rund 20000 Menschen teilnahmen. „Am Montag sind wir einen kleinen Schritt in die richtige Richtung nach vorn gekommen.“ Ein Opel-Manager betonte, er habe nicht gedacht, „dass sich schon so viel bewegt“. Betriebsratschef Franz appellierte an die Opelaner in Bochum, wo seit Donnerstag die Arbeit ruht, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Aus GM-Kreisen wurde am Dienstag erneut betont, dass am Verhandlungsziel, die Kosten bei Opel, Vauxhall und Saab um jährlich 500 Millionen Euro zu reduzieren, nicht zu rütteln sei. Klar scheint mittlerweile, dass übertarifliche Zahlungen bei Opel ganz oder zum großen Teil angetastet werden müssen. Stark gefährdet scheint die Vereinbarung, das 2002 und 2003 auf 70 Prozent gekürzte Weihnachtsgeld in diesem Jahr als Ausgleich auf 130 Prozent aufzustocken. Nach Angaben von Opel-Aufsichtsratschef Carl-Peter Forster zahlt das Unternehmen in Rüsselsheim und Bochum Löhne, die 20 Prozent oberhalb des Tarifs liegen.

Der Betriebsrat bekräftigte am Dienstag, dass aus seiner Sicht Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen tabu sind. Auch bestehende Tarifvereinbarungen dürften nicht verletzt werden. Zugleich fordern die Arbeitnehmer- Vertreter eine Modell- und Verkaufsoffensive, die von einem „qualifizierten“ Management vorangetrieben werden müsse. Für die Marken Opel, Vauxhall und Saab müsse es eine Bestandsgarantie geben. In Unternehmenskreisen wird freilich bezweifelt, ob die angestrebten Kosteneinsparungen und der Abbau von rund 10000 Jobs in Deutschland ohne echte Entlassungen über die Bühne gebracht werden können. Der Spielraum für sozialverträgliche Lösungen etwa über Vorruhestand oder Altersteilzeit sei gering.

Unterdessen wird der mittlerweile sechstägige Ausstand der Opel-Mitarbeiter in Bochum für den GM-Konzern immer teurer. Schon Ende vergangener Woche hatte ein Betriebsratssprecher die Kosten bei einem kompletten Stillstand aller GM-Werke in Europa auf 30 Millionen Euro pro Tag geschätzt.

Am Dienstag musste wegen des Stillstands in Bochum auch die Vectra-Produktion in Rüsselsheim gestoppt werden, weil Teile aus dem Bochumer Werk nicht angeliefert wurden. Im belgischen Antwerpen, wo der Astra vom Band läuft, wurde am Mittag die Produktion gestoppt, weil unter anderem Türen aus Bochum fehlten. Normalerweise werden in Rüsselsheim pro Tag 900 Autos der Modellreihe Vectra und Signum gebaut, in Antwerpen 1100 Astras und in Bochum rund 1000 Fahrzeuge der Modellreihen Astra Caravan und Zafira sowie Achsen, Motoren und Karosserieteile.

Insgesamt ruht bei Opel pro Tag jetzt die Produktion von rund 3000 Fahrzeugen. Selbst wenn die Arbeit in Bochum wieder aufgenommen wird, dauert es nach Angaben von Opel-Sprecher Ulrich Weber einige Tage, bis die Produktion wieder in normalem Umfang laufen kann.

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