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Wirtschaft: Ostdeutsche im Konsumstreik

Angst vor Arbeitsmarkt-Reform drückt die Kauflaune/ Auftragboom für Maschinenbau schwächt sich ab

Berlin - Die Angst vieler Menschen in Ostdeutschland vor den Arbeitsmarktreformen der Bundesregierung hat die Konsumstimmung im August erneut verschlechtert. „Alles spricht dafür, dass sich die Republik derzeit in zwei Stimmungslager teilt“, sagte Rolf Bürkl, Konjunkturexperte der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Wegen der schlechten Gemütslage in den neuen Ländern sank der von der GfK monatlich ermittelte Index für das Konsumklima im August um einen Punkt. Die etwas positivere Stimmung im Westen habe den Negativtrend nicht aufhalten können.

Viele Ostdeutsche fürchten insbesondere, dass sich ihre finanzielle Lage in Zukunft verschlechtern könnte. Grund für die Ängste sind nach Angaben der GfK die im Vergleich zu Westdeutschland fast doppelt so hohe Arbeitslosenquote und der hohe Anteil von Langzeitarbeitslosen. Die Arbeitsmarktreformen der Bundesregierung, die weitere Einkommenseinbußen zur Folge haben könnten, drücke die Stimmung in den neuen Ländern daher besonders stark.

Die Depression im Osten sei „auch das Ergebnis der emotional sehr aufgeladenen Hartz-Debatte“, sagte der Wirtschaftsweise Bert Rürup der Nachrichtenagentur Reuters. Allerdings sei die schlechte Stimmung auch eine „Folge von Unkenntnis und falscher Information“. Hartz IV wirke in den neuen Ländern wegen der hohen Zahl von Langzeitarbeitslosen zwar tendenziell stärker, aber ein „objektiver Kaufkraftentzug findet kaum statt“. Grund dafür ist das insgesamt niedrigere Lohnniveau in Ostdeutschland. Viele Empfänger von Arbeitslosenhilfe, die nach Einführung von Hartz IV 2005 das neue Arbeitslosengeld II erhalten, müssen kaum größere Einbußen hinnehmen. Stark betroffen sind nur Arbeitslosenhilfeempfänger, die in ihrem letzten Job relativ viel verdient haben.

„Fakt ist: Die Menschen in Ostdeutschland sind verunsichert und schränken daher ihre Ausgaben ein“, sagt Stefan Bielmeier, Konjunkturexperte bei der Deutschen Bank. Entsprechend sank nach Angaben der GfK die Neigung der Ostdeutschen im August erneut, größere Anschaffungen zu tätigen. Neben den Einkommensaussichten und der Konjunktrurerwartung ist die Anschaffungsneigung der dritte Indikator, aus dem die GfK die Entwicklung des Konsumklimas ableitet. Im Westen hat sich die Kauflaune im August erheblich verbessert.

Nach Schätzung der Deutschen Bank könnte der private Konsum in Gesamtdeutschland im zweiten Halbjahr mit einem Zuwachs von 0,3 Prozent im Vergleich zur ersten Jahreshälfte leicht zulegen. „Das reicht aber nicht aus, um der Wirtschaft größere Impulse zu geben“, sagt Bielmeier. Der private Konsum werde erst dann wieder anziehen, wenn sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt bessert. „Die Wirtschaft zieht zwar an. Der Aufschwung geht aber bislang am Arbeitsmarkt vorbei.“ Hinzu komme, dass der hohe Ölpreis auf Benzin- und Gaspreise durchschlage und das Einkommen der Haushalte weiter schmälere.

Schlechte Nachrichten kamen am Freitag auch aus dem Maschinenbau. Der zuletzt noch rasante Anstieg der Bestellungen verlangsamte sich kräftig. Die Auftragseingänge lagen im Juli gerade mal ein Prozent über dem Niveau des Vorjahres, teilte der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) mit. Nach wie vor kommen die meisten Bestellungen aus dem Ausland, wo im Juli noch ein Zuwachs von sechs Prozent verzeichnet wurde. Auf dem Heimatmarkt ergab sich dagegen ein Rückgang von acht Prozent.

Maurice Shahd

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