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Wirtschaft: Osterfest der Sinne

Mit Creme-Eiern und Chilli-Schokolade kämpfen die Markenhersteller gegen die Billigangebote der Discounter. Die Schokohasen werden verdrängt

Von Maurice Shahd

und Alexander Visser

Schon mehrere Meter vor dem Eingang der Traditions-Confiserie Fassbender & Rausch am Berliner Gendarmenmarkt strömt den Kunden das köstliche Aroma von Schokolade entgegen. „Schade, dass man sich bereits nach wenigen Minuten an den Duft gewöhnt hat“, sagt eine Kundin, die gerade einen zwei Meter hohen Riesen-Osterhasen bestaunt. Eine Woche vor Ostern dreht sich hier alles um das Fest. Kleine, große (und sehr große) Schokoeier liegen neben weißen, vollmilchbraunen und zartbitter-schwarzen Schokoladenhasen.

„Schokolade ist ein Produkt, das sich gerade in der Krise gut verkauft“, sagt Geschäftsführer Jürgen Rausch. „Wenn die Leute auf größere Anschaffungen verzichten, ist Schokolade eine beliebte Ersatzbefriedigung.“ Gerade zu Ostern laufe das Geschäft gut. „Etwa 30 Prozent unseres Umsatzes machen wir im Weihnachtsgeschäft, 20 Prozent zu Ostern“, sagt Rausch, dessen Firma ihren Sitz seit 1918 in Berlin hat. Zu Ostern besonders beliebt: die Fußballmannschaft aus Schokohasen.

Allerdings ist die Osterhasen-Population in den vergangenen Jahren bedenklich geschrumpft. Der Anteil der Hasen an der gesamten Osterschokolade ist im Jahr 2002 auf 15 Prozent von 18 Prozent im Jahr zuvor gesunken, berichtet die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Als Ursache machen die Marktforscher die Übermacht der Discounter aus. „Die Billigketten verkaufen lieber Ostereier“, sagt GfK-Schokoladenexperte Franz-Josef Lange. Ihr Anteil am Ostergeschäft ist im vergangenen Jahr dramatisch auf 55 Prozent gestiegen. In der Ostersaison 2001 waren es noch zwölf Prozent weniger. Der Grund: „Schokoeier sind leichter zu transportieren und benötigen weniger Platz als die luftigen Hohlformen“, sagt Lange.

Der Trend zu den Discountern macht besonders den Markenherstellern wie Lindt, Milka oder Stollwerck zu schaffen, weil Billigketten wie Aldi oder Lidl fast ausschließlich eigene Produkte verkaufen. Die Markenhersteller setzen deshalb vor allem auf Qualität: Neben altbewährten Produkten wie dem Goldhasen (Lindt) oder dem Schmunzelhasen (Milka) entwerfen sie in jedem Jahr neue Schokoladenkreationen, um die Kunden an die Regale zu locken. Lindt hat in in dieser Ostersaison unter anderem die Joghurteier und den Goldhasen aus Bitterschokolade ins Programm genommen (siehe Interview).

Milka will die Kunden mit „lustigen Eierbechern“ erfreuen, in denen Schokoladenhasen sitzen. Neu sind bei Milka auch die Creme-Eier. „In der Füllung ist besonders viel Alpenmilch“, schwärmt Milka-Sprecherin Anja Beckmann. Die Confiserie Rausch bietet als neue Geschmacksrichtungen in diesem Jahr Tiramisu und Pistache. Mit dem „Melba-Ei“ setzt Geschäftsführer Rausch zudem auf Nostalgie: „Diese Geschmacksrichtung konnten sie 20 Jahre lang nicht kaufen, jetzt ist sie wieder beliebt.“

Auch der Osnabrücker Pralinenmacher Axel Leysieffer bietet sowohl traditionelle und als auch mutige neue Kreationen. „Unsere neue Chilli-Schokolade ist wie eine Bombe eingeschlagen“, sagt Leysieffer. Er hat ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass Schokolade ein krisensicheres Produkt ist. „Aber wir haben festgestellt, dass die Kunden in wirtschaftlich schwierigen Zeiten kleinere Verpackungsgrößen bevorzugen.“ Durch Discountware sieht er seine hochpreisigen Qualitätsprodukte jedoch nicht bedroht. „Auch wer meist bei Aldi oder Lidl einkauft, will sich ab und zu verwöhnen und kommt dann zu uns, um zu sündigen“, sagt Leysieffer.

Eine ähnliche Beobachtung hat auch Thomas Pape vom Info-Zentrum Schokolade gemacht: „Das mittlere Preissegment dünnt aus.“ Wieder im Kommen sei die dunkle Bitterschokolade mit unterschiedlich hohen Kakaoanteilen. Im Gegensatz zur Vollmilchschokolade enthält Bitterschokolade kein Milchpulver. Genießer schätzen sie, weil sie weniger süß ist und mehr geschmackliche Varianten zulässt.

Und was macht gute Schokolade aus? „Eine gute Schokolade braucht den richtigen Schliff“, sagt Konditormeister Josef Bücker. Schleifen steht in der Konditorfachsprache für das Rühren der Kakaomasse, die dabei mit Kakaobutter und Zucker vermischt wird. Je länger die Schokolade gerührt wird, desto feiner wird sie. Die Kunst ist dabei, den richtigen Schmelzpunkt zu treffen. „Zerfließt die Schokolade auf der Zunge genau bei Körpertemperatur, empfinden wir das am angenehmsten“, erläutert Bücker.

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