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Legehennen in einem Betrieb für die Produktion von Eiern aus Freilandhaltung in Bergen im Landkreis Celle (Niedersachsen).

© dpa/Julian Stratenschulte

„Hennen legen nicht mehr, weil Ostern ist“: Wo kommen all die Eier her?

Die Nachfrage nach Eiern steigt vor Ostern um bis zu 40 Prozent. Doch die Hennen decken den steigenden Bedarf nicht. Warum sind die Regale trotzdem voll?

Die Arbeitsmoral von Hühnern wird in Film und Funk gern überschätzt. Schuld daran sind Lilian Harvey und Willy Fritsch. Sie gaben 1936 im Ufa-Spielfilm „Glückskinder“ den Gassenhauer „Ich wollt’, ich wär ein Huhn“ zum Besten. Darin heißt es weiter: „Ich hätt’ nicht viel zu tun. Ich legte täglich nur ein Ei und sonntags auch mal zwei.“

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Die Comedian Harmonists haben das Lied kopiert, Max Raabe ist damit auf Tournee gegangen. Sie alle haben dazu beigetragen, dass die Bundesbürger inzwischen glauben, ein Ei pro Tag sei das Normalpensum für eine Henne, und bei Bedarf könne das Tier noch etwas zulegen. Doch das stimmt nicht.

Mehr als 300 Eier pro Jahr schafft eine Henne nicht

„280 bis 300 Eier pro Jahr sind das Maximum, was eine Henne schafft“, sagt Markus Fadl vom Bio-Verband Naturland. Solche Mengen produzieren aber nur spezialisierte Legehennen. Die sogenannten Zweinutzungshühner, die sowohl Eier legen als auch Fleisch ansetzen, kommen gerade mal auf 220 Eier. Zum Vergleich: Jeder Bundesbürger verzehrt im Schnitt 235 Eier im Jahr.

"Die Hennen legen nicht mehr, weil Ostern ist"

Knapp 47 Millionen Legehennen gibt es in Deutschland. Schaffen sie es, den steigenden Bedarf zu Ostern zu decken? Legen sie vielleicht gar eine Extraschicht ein, um – etwa am Sonntag – mal zwei Eier statt einem zu legen?
Regina von Schmeling kennt sich mit Hühnern aus. 300 Hennen leben auf ihrem Biohof in Werder. „Die Tiere legen nicht mehr Eier, bloß weil Ostern ist“, berichtet die Agrar-Soziologin. Sechs Eier die Woche, das sei die Norm. Ihre Tiere leben draußen. Jetzt, wo das frische Gras sprießt, könnte es vielleicht das eine oder andere Ei mehr sein. Aber große Zusatzbestellungen ihrer Kundschaft könnte Schmeling beim besten Willen nicht erfüllen. „Wenn’s nicht geht, dann geht’s nicht“, betont sie. Einige Kunden seien über Ostern verreist, daher könnten andere etwas mehr bekommen. Aber eine Turboproduktion sieht anders aus.

Die Turbohühner leben in Riesenställen mit 50.000 und mehr Artgenossen auf engstem Raum zusammen – auch wenn es Betriebe mit Boden- oder Freilandhaltung sind. Die meisten dieser Riesenanlagen stehen in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen. Legen vielleicht die Tiere in diesen industriellen Produktionsstätten vor Ostern einen Gang zu, damit genug Eier da sind für die Ostersträuße, die Eiersuche und die bunten Eier auf den Kaffeetafeln in Millionen Haushalten? Die Antwort lautet: nein.

Doch wie schafft es der Handel dann, Lücken in den Regalen zu vermeiden? So verzeichnet Rewe etwa bei Eiern aus Bodenhaltung der Discountmarke ja! Umsatzsteigerungen von bis zu 40 Prozent. „Die größte Nachfrage besteht in der Woche vor der Karwoche“, berichtet Rewe-Sprecher Raimund Esser. Man könne aber die steigende Nachfrage bedienen – und das über alle Segmente hinweg, versichern Rewe und Edeka auf Anfrage gleichermaßen. Und das geht so.

Alle Eier gehen in den Handel

Alle Eier, die in den Wochen vor Ostern produziert werden, gehen in den Handel. Die Lieferungen an Lebensmittelhersteller, die Eier für ihre Nudeln oder Kekse brauchen, werden deutlich zurückgefahren. Wenn überhaupt, landen in der Vorosterzeit die braunen Eier, die sich schlecht färben lassen, in der Ernährungsindustrie, berichtet Florian Anthes vom Geflügelverband. In der Biobranche, die ohnedies mit geringeren Mengen operiert, ist die Sache klar: „Vor Ostern gehen gar keine Eier mehr in die Produktion“, weiß Naturland-Sprecher Markus Fadl.

Gefärbte Eier halten sich bis zu sechs Wochen.
Gefärbte Eier halten sich bis zu sechs Wochen.

© epd

Gefärbte Eier halten sich länger

Zweiter Trick: Eier färben. Gefärbte Eier halten sich wochenlang, wenn die Schale intakt ist und mit Schellack imprägniert wurde. Bis zu sechs Wochen vorher können Eierproduzenten mit der Färbearbeit beginnen. Gefärbte Eier gibt es sowohl in Bioqualität als auch im konventionellen Angebot.

Die Hennen werden geschont

Neben der Konzentration auf den Verkauf der Eier im Laden und der Produktion von gefärbten Eiern gibt es noch einen weiteren Weg: das Stallmanagement. „Vor Ostern haben wir den höchsten Bestand an Hühnern“, sagt Fadl. Legehennen leben in der Regel 13 bis 15 Monate, dann werden sie geschlachtet, und junge Tiere rücken nach. Die legen aber anfangs weniger und auch kleinere Eier als die Seniorinnen. Die „Umstallung“ findet meist im Sommer statt, berichtet Joyce Moewius vom Bund Ökologische Landwirtschaft, in der Regel im August, wenn in den meisten Bundesländern Sommerferien und viele Verbraucher verreist sind.

Obwohl Ostern das Fest der Eiersuche ist, gibt es eine Jahreszeit, in der die Nachfrage noch höher ist, sagt Moewius – nämlich Weihnachten. Die Weihnachtsbäckerei verschlingt mehr Eier als Ostern, heißt es auch in der Geflügelwirtschaft. Doch auch das haben Produzenten und Händler bisher stets geschafft.

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