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Eine Teepflückerin mit traditioneller Kopfbedeckung arbeitet auf einer Teeplantage im indischen Bundesstaat Assam.

© epa/dpa

Update

Oxfam-Studie zu Tee aus dem indischen Assam: Teeplantagenarbeiter erhalten 1,73 Euro für 13 Stunden Pflücken

Oxfam kritisiert Missstände auf Teeplantagen im indischen Bundesstaat Assam. Deutschland bezieht viel Tee von dort. Oxfam fordert Lieferkettengesetz.

Auf 50 Plantagen im nordindischen Assam waren die Experten 2018 unterwegs, haben dort 510 Arbeiterinnen und Arbeiter für die Entwicklungsorganisation Oxfam und das Tata Institut der Universität im indischen Mumbai über ihre Arbeits- und Lebensbedingungen befragt. Mit ernüchternden Ergebnissen: Die Menschen verdienen nicht einmal die Hälfte des existenzsichernden Lohns, sie haben zu wenig zu Essen, es gibt keinen Schutz gegen Pestizide, auf den Tee-Plantagen fehlt es an Toiletten und sauberem Trinkwasser. Und vom Verkaufspreis des Tees in Deutschland erhalten sie gerade mal 1,4 Prozent. 86 Prozent der Einnahmen bleiben bei den Supermärkten und Teefirmen. Hierzulande sind das nach Angaben von Oxfam unter anderem die Unternehmen Teekanne und Ostfriesische Teegesellschaft (OTG) mit den Marken Meßmer und Milford, und Eigenmarken von Discountern wie Lidl und Aldi. Zusammen beherrschen sie fast 90 Prozent des Marktes.

Tee ist nach Wasser das weltweit am meisten konsumierte Getränk. Als Region hat das nordindische Assam den größten Anteil an der globalen Teeproduktion hat mit einer Quote von elf Prozent. Doch den Beschäftigten auf den Teeplantagen dort geht es der Studie unter dem Titel „Schwarzer Tee, weiße Weste“ zufolge oft schlecht.

Das fängt bei den Löhnen an. „Von den knapp drei Euro für ein Paket Schwarztee mit 50 Teebeuteln verbleiben rund 2,60 Euro beim Supermarkt und dem Hersteller in Deutschland. 20 Cent erhalten Zwischenhändler, 16 Cent die Plantagenbesitzer und Arbeiterinnen bekommen nur vier Cent“, heißt es in der Studie. Damit verdienen die Menschen auf den Plantagen pro Tag umgerechnet gerade einmal zwischen 1,73 und 2,14 Euro. „Das ist weniger als die Hälfte dessen, was in Assam für ein menschenwürdiges Leben notwendig wäre“, beklagt Oxfam diese „Hungerlöhne“.

Fast 60 Prozent der befragten Menschen auf den Plantagen hätten nicht ausreichend zu essen, die Hälfte der Haushalte werde von der Regierung mit Essenskarten unterstützt. Das ist nach Ansicht von Oxfam ein quasi offizieller Beleg dafür, dass die Menschen nicht genug verdienten, um überleben zu können. Zudem seien sie in ihrer Existenz extrem abhängig vom jeweiligen Plantagenbesitzer. Wenn sie ihre Arbeit verlören, hätten sie auch keine Unterkunft mehr und keinen Zugang zu Bildung und zu Gesundheitsdiensten.

Die Arbeitsbedingungen auf den Plantagen sind Oxfam zufolge katastrophal, unter anderem wegen des Einsatzes von Pestiziden und fehlender Schutzkleidung. Mehr als die Hälfte der Menschen litten deshalb unter Erkrankungen der Augen und Atemwege. Weil es zudem an Toiletten mangele und es Probleme mit sauberem Trinkwasser gebe, treten Oxfam zufolge häufig Krankheiten wie Cholera, Gelbsucht und Typhus auf.

Nur vier Cent einer Packung Markentee gehen an Plantagenarbeiter.
Nur vier Cent einer Packung Markentee gehen an Plantagenarbeiter.

© epa/dpa

Von den schlechten Zuständen sind der Studie zufolge vor allem Frauen betroffen, die die Teeblätter pflücken, bei Arbeitszeiten von bis zu 13 Stunden pro Tag. Die Männer in den Teefabriken würden besser bezahlt.

Deutsche Teefirmen wissen Oxfam zufolge von den Missständen

Nach Ansicht von Oxfam wissen deutsche Teefirmen um die Zustände auf den Plantagen, zumal sie schon in der Vergangenheit immer wieder aufgezeigt worden seien. Sie setzten zwar auf die Zertifizierung der Plantagen. Die sei aber nicht immer verlässlich. Die Prüfer hatten Rechtsverstöße auch auf von der Organisation Rainforest Alliance /UTZ zertifizierten Plantagen festgestellt.

Für Verbraucher in Deutschland ist es nach Angaben von Oxfam nicht nachvollziehbar, woher der Tee der großen Anbieter kommt und unter welchen Bedingungen er gepflückt und verarbeitet wurde. Es gebe auf den Packungen nur allgemeine Angaben. „Die Tees für Meßmer Klassik kommen aus aller Welt - dabei sind die Gegebenheiten vor Ort sehr unterschiedlich. Beim Einkauf achten wir auf faire Entlohnung und gut Arbeitsbedingungen“, heißt es etwa auf Packungen von Meßmer. Dort ist auch zu lesen, dass nur 30 Prozent dieses Tees von zertifizierten Bauern angebaut worden sei.

Supermärkten hätten besondere Verantwortung

Weil über die Hälfte des Tees in Deutschland über Supermärkte verkauft wird, sieht Oxfam hier eine besondere Verantwortung. „Die Vertragskonditionen, die Supermärkte ihren Lieferanten sowohl für Marken- als auch für Eigenmarkentee diktieren, entscheiden, wie viel Verhandlungsspielraum für faire Vertragskonditionen im weiteren Verlauf der Kette bleibt.“ Aber die Organisation fordert auch die Teefirmen auf, über Bezug des Tees aus Assam transparent zu informieren und sich dort für die Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten einzusetzen und existenzsichernde Löhne zu zahlen.

Tee aus Assam sei aber nur ein Beispiel für die eklatanten Missstände auch bei anderen Produkten. „Viele deutsche Unternehmen tun zu wenig, um dafür zu sorgen, dass in ihren Lieferketten Arbeits- und Menschrechte eingehalten werden“. Oxfam fordert deshalb schon seit längerem mit anderen Organisationen aus Gesellschaft und Kirche und den Gewerkschaften eine „Lieferkettengesetz“. Dadurch würden Unternehmen in die Verantwortung genommen, wenn entlang der Lieferkette von Produkten, Arbeits- und Menschenrechte verletzt und die Umwelt geschädigt würde.

Auf den Teepackungen muss nach Ansicht von Oxfam klar stehen, woher der Tee kommt und wie die Lieferkette aussieht. Die Teeunternehmen müssten sicherstellen, dass die Plantagen durch Prüfer unangekündigt in Augenschein genommen werden und die Ergebnisse auch veröffentlicht werden.

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