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Wirtschaft: Paris will den Euro politisch stärken

Die anhaltende Euro-Schwäche könnte Frankreich zu politischen Initiativen auf EU-Ebene oder im Rahmen der G7 bewegen. Dies geht aus Äußerungen von Staatschef Jacques Chirac und Finanzminister Laurent Fabius hervor.

Die anhaltende Euro-Schwäche könnte Frankreich zu politischen Initiativen auf EU-Ebene oder im Rahmen der G7 bewegen. Dies geht aus Äußerungen von Staatschef Jacques Chirac und Finanzminister Laurent Fabius hervor.

Chirac sagte, Frankreich wolle sich auf dem G7-Gipfel in Okinawa Ende Juli für eine bessere Abstimmung zwischen Dollar, Yen und Euro einsetzen. Zuvor will Paris offenbar versuchen, die EU auf eine gemeinsame Haltung festzulegen. Die Euro-Schwäche könnte beim Ecofin-Rat in Brüssel am kommenden Montag zum Thema werden, ließ Finanzminister Fabius durchblicken. Es gehe darum, die "Kohäsion der Wirtschaftspolitiken" in der Euro-Zone zu verbessern.

In einem Interview mit der Wochenzeitung "Le Nouvel Observateur" sagte Finanzminister Fabius, dass "die politische Einheit der Euro-11-Gruppe noch nicht solide genug" sei. Den Verantwortlichen der Euro-Zone sei es bisher nicht gelungen, den Märkten das "starke wirtschaftliche Potenzial Europas" zu vermitteln. "Dies belastet den Euro", sagte Fabius.

Frankreich drängt seit der Einführung der Gemeinschaftswährung auf eine enge Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik in den Ländern der Euro-Zone. Aus französischer Sicht ist die "Kakophonie" bei wirtschafts- und geldpolitischen Entscheidungen ein Hauptgrund für die Euro-Schwäche.

Der wachsende Druck auf den Euro ist für Paris allerdings kein Grund, an der Gemeinschaftswährung zu zweifeln. Die Einführung des Euros habe eine heilsame Wirkung auf das Wachstum in Frankreich und Europa gehabt, heißt es im Finanzministerium. Mittelfristig werde sich der Euro an den Märkten durchsetzen. Für die Euro-Schwäche gebe es "keine wirtschaftlichen Gründe", sagte Premierminister Lionel Jospin am Rande einer Ungarn-Reise in Budapest. Es handele sich um ein "finanzielles Phänomen", das nichts mit der "guten ökonomischen Verfassung" der EU zu tun habe.

Finanzminister Fabius stellte sich in der Fragestunde des Parlaments hinter Notenbankpräsident Jean-Claude Trichet. "Herr Trichet genießt ein außergewöhnliches Ansehen. Es ist nicht im Interesse Frankreichs, dieses Ansehen in Frage zu stellen", erklärte er. Die französische Justiz hatte am vergangenen Wochenende ein Ermittlungsverfahren gegen den Gouverneur der Bank von Frankreich eingeleitet. Es besteht der Verdacht, Trichet habe in seiner Zeit als Chef des Schatzamtes im Finanzministeriums die Verbreitung gefälschter Bilanzen durch die damals staatliche Großbank Crédit Lyonnais unterstützt. Die Büros des Staatspräsidenten und des Premierministers nahmen zu den Anschuldigungen keine Stellung.

Die Vorwürfe, die nicht automatisch zu einer Anklage führen, könnten die weitere Laufbahn Trichets beeinträchtigen. Nach einer inoffiziellen Absprache soll der Gouverneur der Bank von Frankreich im Jahr 2002 Wim Duisenberg als Chef der Europäischen Zentralbank ablösen. Französische Medien haben bereits Zweifel an seinen Aussichten geäußert. "Man kann sich schlecht vorstellen, dass die Europäer einen Währungshüter im Griff der Justiz seines Landes nominieren", schrieb das "Journal du Dimanche".

Der Skandal um die Crédit Lyonnais ist bisher wenig transparent. Unter Führung ihres Präsidenten Jean-Yves Haberer hatte die Bank zwischen 1988 und 1993 eine extreme Expansionspolitik betrieben, die beinahe in den Ruin geführt hätte. Die Rettung des Instituts hat die französischen Steuerzahler vermutlich rund 100 Milliarden Franc (30 Milliarden Mark) gekostet. Die Bilanzen für das Geschäftsjahr 1992 und das erste Halbjahr 1993 sollen mit Trichets Wissen manipuliert worden sein. Ziel war, es den schlechten Zustand der Crédit Lyonnais zu verschleiern. Der heutige Gouverneur der Bank von Frankreich, Trichet, weist den Vorwurf der Bilanzfälschung bisher allerdings entschieden zurück.

ebo

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