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PARKETT Geflüster: 11 300 Berliner Firmen droht der Absturz Insolvenzgefahr höher als in allen anderen Ländern

Ein Rentner hat in Wolfsburg 4 500 Euro aus seiner Hosentasche verloren. Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, hatte der 73-Jährige 80 Hunderter in größere Geldscheine wechseln wollen.

Ein Rentner hat in Wolfsburg 4 500 Euro aus seiner Hosentasche verloren. Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, hatte der 73-Jährige 80 Hunderter in größere Geldscheine wechseln wollen. Als er die Bank betrat, merkte er, dass von ursprünglich 8 000 Euro 4 500 Euro fehlten. Wie das Geld verschwand, konnte nicht geklärt werden. Fest steht: Das Verhältnis von Banken und Rentnern ist irgendwie gestört. Auch bei der Lehman-Pleite haben vor allem ältere Menschen ihr Geld verloren. Vielleicht ist das Kopfkissen doch kein schlechter Aufbewahrungsort. mirs

Düsseldorf - Trotz Konjunkturerholung droht vielen mittelständischen Unternehmen nach wie vor der wirtschaftliche Absturz – besonders in Berlin. Insgesamt 11 300 Firmen in der Hauptstadt sind insolvenzgefährdet. Zu diesem Ergebnis kommt die Wirtschaftsauskunftei Creditreform in einer Studie, die am Dienstag in Düsseldorf vorgestellt wurde.

Bundesweit drohen mehr als 113 000 Unternehmen zahlungsunfähig zu werden. Berlin bildet dabei das Schlusslicht im Ranking der Bundesländer. Während die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz im deutschen Durchschnitt bei 3,46 Prozent liegt, kommen die Berliner auf einen negativen Spitzenwert von 8,53. Auch Brandenburg gehört mit 4,67 Prozent zu den schlechtesten Bundesländern. Etwas überraschend rangiert Mecklenburg-Vorpommern am anderen Ende der Tabelle. Prozentual droht dort den wenigsten Firmen der Gang zum Insolvenzrichter.

Im Vergleich zum Krisenjahr, als 115 000 Firmen oder 3,54 Prozent als risikoreich eingestuft wurden, sind die aktuellen Zahlen leicht rückläufig. Allerdings deutlich weniger, als es die Konjunkturerholung im ersten Halbjahr 2010 vermuten ließ. Das gilt Creditreform zufolge vor allem für die Branchen Einzelhandel, Bau und sogenannte konsumnahe Dienstleistungen, etwa im Gastgewerbe, und damit für die industriearme Wirtschaft in der Hauptstadt. „Die besonders gefährdeten Branchen sind in Berlin überdurchschnittlich vertreten, deshalb schneidet die Stadt so schlecht ab“, sagte Hardy Gude, der die Studie für Creditreform durchführte, dem Tagesspiegel.

Offenbar geht die Schere zwischen den unterschiedlichen Branchen immer weiter auseinander. Während der wieder kräftig anziehende Export vielen Unternehmen Zuwächse beschert, ist bei anderen Firmen die lange Durststrecke noch nicht zu Ende. In diesem Jahr rechnet Creditreform bundesweit mit bis zu 36 000 Firmenpleiten. Das liegt unterhalb der Rekordmarke von rund 40 000 aus dem Jahr 2003, die zu Krisenbeginn auch als Horrorszenario für 2010 galt.

Zahlen für die ersten sechs Monate gibt das Statistische Bundesamt an diesem Mittwoch bekannt. Besonders stark stiegen die Firmenpleiten im ersten Halbjahr 2010 offenbar in Nordrhein-Westfalen. Hier mussten rund 5900 Unternehmer Insolvenz anmelden. Das sind 13 Prozent mehr als im Vorjahr, teilte das Statistische Landesamt am Dienstag mit. Ein ganz anderes Bild zeigt sich in Sachsen: Dort ging die Zahl der Firmenpleiten im ersten Halbjahr um 12,5 Prozent auf 842 zurück, wie das sächsische Landesamt am Dienstag veröffentlichte. Im Bundesdurchschnitt dürfte der Anstieg der Pleiten nach Einschätzung von Beobachtern leicht zugenommen haben. Zahlen wollte das Statistische Bundesamt vorab nicht nennen. Auch für Berlin und Brandenburg wurden keine Daten bekannt.

„Die gegenwärtig gut laufende Konjunktur darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass erst 2011 das Jahr der Wahrheit sein dürfte“, sagte Volker Ulbricht aus dem Vorstand von Creditreform am Dienstag. Rückschläge drohten vor allem dann, wenn der Exportmotor stottern sollte. 2010 könne sich der Aufschwung noch auf Sondereffekte wie milliardenschwere Konjunkturpakete des Staates und Nachholeffekte aus dem Rezessionsjahr 2009 stützen. Sollte es zu einem erneuten Einbruch der Konjunktur kommen, drohe ein kräftiger Anstieg der Pleiten. Das betreffe besonders kleinere Unternehmen mit wenig Eigenkapital, warnte Ulbricht. Im Gastgewerbe etwa wiesen vier von zehn Unternehmen eine Eigenkapitalquote von weniger als zehn Prozent auf. dcl/dpa

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