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Wirtschaft: Parmalat-Skandal: Banken im Visier der US-Aufsicht

Haben die Geldgeber leichtsinnig den Milchkonzern finanziert?

Mailand/New York (tor/mm/HB). Im Betrugsskandal der italienischen ParmalatGruppe geraten jetzt auch USBanken ins Visier der Ermittler. Im Blickpunkt steht der Verkauf von Anleihen in Höhe von 8,5 Milliarden Dollar, die Parmalat mit Hilfe von etwa 20 europäischen und amerikanischen Banken während der vergangenen sechs Jahre auf den Markt gebracht hat. Derzeit werden diese Anleihen am Markt mit etwa 20 Prozent ihres Nennwertes gehandelt. „Wir müssen wissen, ob die Banken leichtsinnig oder fahrlässig gehandelt haben“, sagte Lawrence West, Direktor der US-Börsenaufsicht SEC, der italienischen Tageszeitung „Corriere della Serra“.

Zu den am Anleiheverkauf beteiligten Banken sollen unter anderem die Bank of America, JP Morgan Chase, Merrill Lynch und Morgan Stanley gehören. Die SEC hatte vergangene Woche ein Betrugsverfahren gegen Parmalat eingeleitet. Sie wirft dem Konzern vor, gegenüber US-Investoren falsche Angaben über seine Finanzlage gemacht zu haben. Nach SEC-Angaben befinden sich Anleihen im Wert von 1,5 Milliarden Dollar im Besitz von US-Anlegern.

Tanzi bietet sein Privatvermögen an

Auch die Deutsche Bank könnte in den Fokus der SEC rücken. Das Geldhaus hatte am 15. September die letzte Parmalat-Anleihe mit einem Volumen von 350 Millionen Euro platziert. Bislang sei nichts über eine Anfrage der SEC bekannt, hieß es gestern aus Kreisen der Deutschen Bank. Derzeit berät das Institut Parmalat beim Verkauf zweier US-Bäckereitöchter.

Unterdessen bot der inhaftierte Parmalat-Gründer Calisto Tanzi an, seinen Firmenanteil sowie sein persönliches Vermögen zur Rettung des Unternehmens zur Verfügung zu stellen. Tanzi werden betrügerischer Bankrott, Bilanzfälschung und Veruntreuung vorgeworfen. Er soll gestanden haben, 500 Millionen Euro von Parmalat abgezweigt zu haben. Um die Gemüter zu beruhigen, will Tanzi nun offenbar Teile seines Vermögens – darunter seinen Anteil an dem Konzern und zwei Luxusyachten – an Parmalat abtreten. Tanzis Familie hält rund 50 Prozent an dem Unternehmen. Auch die Kontrolle über die Tourismus-Firma der Familie, in die Parmalat-Gelder geflossen sein sollen, will Tanzi nach Aussage von Anwalt Michelle Ributti an Parmalat abgeben.

Die Staatsanwaltschaft wertete Tanzis Ankündigung als „ersten Schritt des guten Willens“. Parmalats Insolvenzverwalter Enrico Bondi lehnt das Angebot dagegen ab: „Ich will keine Schiffe, ich will wissen, wo das Geld ist.“ Schließlich fehlten dem Konzern Milliarden Euro.

Als ersten Schritt zur Rettung des Konzerns will Bondi den hoch verschuldeten Fußballklub AC Parma verkaufen, da der nicht zum Kerngeschäft des Konzerns gehöre. Interesse an einer Beteiligung an dem italienischen Erstligisten habe der russische Ölmilliardär Roman Abramowitsch, der bereits den englischen Klub Chelsea FC besitzt, berichtete das italienische Fernsehen. Bondi sagte allerdings, man habe keine Eile mit dem Verkauf: „Oberstes Ziel ist es, den Verein zu retten.“

Rom will Kontrollen verschärfen

Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat nach dem Skandal um den Lebensmittelkonzern Parmalat schärfere Finanzkontrollen angekündigt. Bereits in der kommenden Woche werde sich die Regierung mit einer Reform beschäftigen. Dabei gehe es um die Neuregelung der „überkommenen Kontrollmechanismen, um eine Wiederholung zu verhindern“, sagte der Regierungschef. Ziel sei es, wieder Vertrauen in das Finanzsystem zu schaffen.

Ein Gericht hatte Parmalat kurz vor Jahresende für insolvent erklärt. Dem Konzern fehlen nach Angaben des Gründers und langjährigen Chefs Calisto Tanzi acht Milliarden Euro in der Bilanz; die italienische Staatsanwaltschaft schätzt die Summe gar auf gut zehn Milliarden Euro. Es ist einer der größten Skandale der europäischen Unternehmensgeschichte. Tanzi selbst, der seit zwei Wochen in Untersuchungshaft sitzt, hatte zunächst bestritten, Geld des Konzerns veruntreut zu haben. Außer Tanzi waren noch sieben weitere Manager verhaftet worden.

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