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Hoch und höher. Seit 2004 hat sich das Volumen der Waren und Dienstleistungen, das Berliner nach Saudi-Arabien (hier die Hauptstadt Riad) geliefert haben, verzehnfacht.

© dpa

Partner gesucht: Saudis locken den Berliner Mittelstand

Der Wüstenstaat plant hohe Milliardeninvestitionen in Bildung, Gesundheit, Verkehr und Energie - und sucht dafür lokale Partner auf einer Konferenz in Berlin.

Berlin - Es ist die späte Würdigung eines unbekannten Bildhauers, der 4000 Jahre vor Christus auf der arabischen Halbinsel ein paar Steelen aus einem Fels gehauen hat. Er wird sich kaum vorgestellt haben, dass sein Werk noch 6000 Jahre später Menschen zusammenbringt, ja womöglich sogar Jobs schaffen könnte. Doch genau das passiert derzeit im Ludwig Erhard Haus in Berlin. Dort kamen am Montag rund 150 Unternehmer, Forscher und Investoren zur zweitägigen Infrastrukturkonferenz „Roads to Saudi Arabia“ zusammen. Anlass war die archäologische Schau „Roads of Arabia“ im Pergamonmuseum, wo noch bis zum 9. April unter anderem besagte Steelen zu sehen sind.

Viele Teilnehmer wollen die Ausstellung heute besuchen. Zum Auftakt der wirtschaftlichen Begleitkonferenz am Montag ging es aber zunächst ums große Geschäft: Das saudische Königreich will in den kommenden acht Jahren bis 2020 die riesige Summe von 900 Milliarden Dollar investieren – vor allem in Bildung, Transport und Verkehr, Medizin und den Energiesektor. Das Geldausgeben ist bereits in vollem Gange, machte Mai Al-Torki, Vertreterin der staatlichen Investmentgesellschaft Sagia, deutlich. Im aktuellen Jahresetat habe der Staat seine Bildungausgaben gegenüber dem Vorjahr bereits um 13 Prozent gesteigert, die für Gesundheit um 26 und für den Transportsektor sogar um 40 Prozent, rechnete sie vor. „Unser Ziel ist es, an die Spitze der wettbewerbsfähigsten Länder der Welt zu kommen“, sagte Al-Torki. Schon heute sei das Land in entsprechenden Rankings auf dem zwölften Platz. 2004 stand Saudi-Arabien noch auf Platz 93.

Auch Berlin profitiert bereits von diesem Boom. Seit 2004 habe sich das Volumen der Waren und Dienstleistungen, die Berliner Unternehmen nach Saudi-Arabien geliefert haben, verzehnfacht, sagte Gastgeber Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin. Allein seit 2010 habe sich das Volumen nochmal fast verdoppelt – auf geschätzte 447 Millionen Euro im vergangenen Jahr. So seien Projekte, die beim Besuch des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) vor einem Jahr in der saudischen Hauptstadt Riad besprochen worden waren, seither erfolgreich realisiert worden, sagte Eder. „Wir wollen mit dieser Konferenz das heiße Eisen weiter schmieden“. Wowereit selbst sagte zur Eröffnung in Anspielung auf den Kongresstitel „Roads to Saudi Arabia“, dass er erwarte, dass der Austausch künftig nicht nur auf Straßen, sondern auf „mehrstöckigen Highways und Hochgeschwindigkeitstrassen“ stattfinden werde. Ihm gehe es aber nicht nur um den wirtschaftlichen Austausch, sondern auch um Kultur und Bildung. Er hoffe, dass die Aktivitäten gesellschaftliche Prozesse „in Richtung mehr Offenheit“ befördern.

Offenbar sind gerade kleine und mittelständische Unternehmen gefragt. Sie würden womöglich sogar leichter Zugang zum saudischen Markt erhalten als die ganz großen Industriekonzerne, erklärte Hussein Al-Athel, Generalsekretär der Handelskammer von Riad. „Auch kleinere Firmen, die einmal bei uns eine Absichtserklärung für ein Projekt unterschrieben haben, betreuen wir als Kammer vollumfänglich bei allen rechtlichen oder kulturellen Fragen, die sich ergeben können“, warb er. Der Vorteil für ausländische Investoren sei die Stabilität in seinem Land. Auch habe man nie privates Eigentum von ausländischen Investoren angetastet. „Wir sind das Mekka für alle, die Geschäfte machen wollen“, sagte Al-Athel.

Einige Berliner Unternehmen, die bereits erste Erfahrungen in Saudi-Arabien gemacht haben, bestätigten die Eindrücke auf der Konferenz. So beschrieb Frank Nagel vom Verkehrssystemdienstleister IVU Traffic Technologies, eines der größten Probleme bei der Entwicklung eines Busleitsystems in Riad: Die technische Herausforderung, die Schriften in der Software und bei Anzeigentafeln zu spiegeln – schließlich lese man im Arabischen ja von rechts nach links.

Die Firmen Odersun und Priedemann Fassadenberatung boten an, den Saudis mit einem anderen Problem zu helfen: Der Sonne, die doppelt so stark strahlt, wie in Berlin. Die Berliner stellten Lösungen vor, wie man ihre Energie mit Solarpaneelen auffangen kann, die als solche kaum zu erkennen sind, da sie in die Fassaden integriert werden. Auch das ist ja eine Form von Kunst – irgendwie.

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