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PERSPEKTIVEN FÜR DEN ARBEITSMARKT: „Fachkräfte bekommen deutlich höhere Löhne“

Herr Möller, selbst eine Rezession führt 2012 nicht zu mehr Arbeitslosen, sagen Ihre Experten. Warum ist der Arbeitsmarkt so robust?

Herr Möller, selbst eine Rezession führt 2012 nicht zu mehr Arbeitslosen, sagen Ihre Experten. Warum ist der Arbeitsmarkt so robust?

Die Unternehmen wissen, dass junge, gut ausgebildete Arbeitskräfte knapp werden. Sie versuchen, diese Leute zu halten, auch in härteren Zeiten. Das ist 2009 grandios gelungen. Bei einer leichten Rezession ist anzunehmen, dass sich das wiederholt. Es sei denn, das Vertrauen wird fundamental erschüttert, etwa durch eine Eskalation der Euro-Krise. Was dann passiert, kann man nicht vorhersehen.

Entlassungen auf breiter Front schließen Sie aus?

Ja, solange die Euro-Krise nicht eskaliert, erst einmal schon. Die deutsche Wirtschaft ist in guter Verfassung, sie ist sehr wettbewerbsfähig, ihre Produkte sind auf dem Weltmarkt gefragt. Allerdings weiß ich nicht, wie lange sich Deutschland von den Problemen seiner Handelspartner noch abkoppeln kann.

In den vergangenen Jahren mussten Arbeitnehmer vieles hinnehmen – kaum steigende Löhne, weniger Leistungen, mehr Druck bei einem Jobverlust.

Jetzt ernten wir die Früchte dieser Politik. Die Arbeitsmarktreformen waren ohne Frage erfolgreich. Zudem spüren wir die ersten Ausläufer der künftigen Arbeitskräfteknappheit. Das bedeutet einen tief greifenden Umbruch: Der Arbeitsmarkt wird zum Arbeitnehmermarkt, die Verhandlungsmacht qualifizierter Fachkräfte wächst. Ihre Löhne werden zum Teil deutlich steigen, sie können auch bessere Arbeitsbedingungen oder familienverträglichere Arbeitszeiten fordern.

Wird damit auch die Zahl unsicherer und prekärer Jobs zurückgehen?

Das ist zu erwarten. Vielleicht fühlen sich die Leute aber auch von befristeten Verträgen nicht mehr so bedroht, wenn sie wissen, dass sie problemlos bei der nächsten Firma unterkommen können.

Wird die Kluft zwischen Topleuten und Langzeitarbeitslosen weiter wachsen?

Bis in die siebziger Jahre hinein war es so, dass auch Problemgruppen irgendwann eine Chance bekamen, wenn der Aufschwung nur stark genug war. Heute wird das immer schwieriger, weil die Anforderungen derart gewachsen sind. Für die Langzeitarbeitslosen, aber auch für die Menschen, die immer mal wieder einen Job haben, muss die Politik weiterhin etwas tun – mit Aktivierung, aber auch mit Qualifikationsangeboten.

Joachim Möller (58) leitet das Institut für Arbeitsmarkt- und

Berufsforschung,

das zur Bundesagentur für Arbeit gehört.

Mit ihm sprach

Carsten Brönstrup.

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