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Wirtschaft: Pharmafirmen erhöhen die Preise

Belastung für Krankenkassen und Verbraucher steigt ab 2005 um fast 100 Millionen Euro

Berlin - Trotz des bis Jahresende geltenden Preisstopps für Arzneimittel haben viele Pharmakonzerne die Preise für rezeptpflichtige Originalmedikamente schon jetzt zum Teil deutlich erhöht. Das geht aus einer Auflistung des Generikaherstellers Ratiopharm hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Nach Berechnungen von Ratiopharm bescheren die Preiserhöhungen, die Anfang 2005 wirksam werden, den Herstellern 2005 ein Zusatzgeschäft von fast 100 Millionen Euro. Das geht zu Lasten der Krankenkassen und der Verbraucher.

Der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie hatte am Mittwoch „moderate Preiserhöhungen zum Jahresende oder zu Anfang 2005“ angekündigt. Tatsächlich haben viele Hersteller aber schon Mitte Juni und Anfang November die Herstellerabgabepreise deutlich erhöht, wie aus der Auflistung hervorgeht, in Einzelfällen um bis zu 60 Prozent. Die Kassen haben schon früher Befürchtungen geäußert, dass die Arzneimittelpreise im kommenden Jahr zweistellig steigen könnten. Das könne auch die gewünschten Beitragssatzsenkungen gefährden. Für den kommenden Mittwoch hat Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) die Pharmahersteller zu einer Pharmarunde ins Ministerium geladen.

In den vergangenen beiden Jahren untersagte ein Preismoratorium den Herstellern, die Preise zu erhöhen. Es läuft zum Jahresende aus. Außerdem wird der Zwangsrabatt, den die Regierung den Herstellern in diesem Jahr aufgebrummt hat, wieder gesenkt. An seine Stelle treten Festbeträge, das sind die Höchstpreise, die die gesetzlichen Kassen ihren Versicherten für Medikamente erstatten.

Doch die Pharmahersteller haben das Auslaufen des Preisstopps vorweggenommen. Spitzenreiter ist nach der Aufstellung von Ratiopharm Astra Zeneca, der den (Herstellerabgabe-)Preis für Remedacen-Kapseln gegen Husten um fast 60 Prozent erhöhte. Boehringer Ingelheim schraubte den Preis für das Parkinson-Mittel Sifrol zum 1. November um 15,8 Prozent auf 266,66 Euro nach oben. Glaxo Smithkline erhöhte den Preis für den Hepatitis-Impfstoff Twinrix ebenfalls zum 1. November um 14,3 Prozent auf 426,62 Euro.

„Mit den Preiserhöhungen war zu rechnen“, sagte Michaela Gottfried, Sprecherin des Verbands der Angestellten-Krankenkassen. Sie seien ein Hinweis darauf, dass der befürchtete Kostenanstieg nach dem Ende des Preismoratoriums tatsächlich komme. Wenn die Arzneimittelausgaben stiegen, müssten die Kassen sehen, wo sie andere Reserven mobilisierten, um Beitragssenkungen umzusetzen. Der Spielraum werde enger.

Verbraucherschützer Thomas Isenberg von der Verbraucherzentrale Bundesverband sprach von einer „gezielten Strategie der Hersteller, um langfristig ein höheres Preisniveau durchzusetzen“. Auch die Hersteller von Nachahmerprodukten kritisierten die Preiserhöhungen. „Viele Hersteller erhöhen die Preise schon jetzt, um nach dem Auslaufen des Preismoratoriums nicht in den Ruch zu geraten, die Preise nach oben zu treiben“, sagte Dagmar Siebert, Vorsitzende des Verbandes Pro Generika. Das Gesundheitsministeriums sieht es gelassen. „Der größte Teil der Preiserhöhungen geht nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung", sagte eine Sprecherin.

Die Herstellern verteidigten die Verteuerung. „Die Preiserhöhungen sind eine Kompensation für die erzwungenen Preissenkungen der Vergangenheit“, sagte ein Sprecher von Boehringer Ingelheim. Ein Glaxo-Smithkline-Sprecher sagte, die Preise seien den gestiegenen Kosten angepasst worden.

Maren Peters

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