zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Pharmakonzerne entschädigen Abnehmer mit 1,1 Mrd. DM

Sechs europäische und japanische Chemiekonzerne, darunter BASF und Roche, haben sich bereit erklärt, ihre Abnehmer für frühere Preisabsprachen bei Vitaminen zu entschädigen. Sie einigten sich mit den übervorteilten Firmen, darunter Coca-Cola und Kraft, auf eine Entschädigungssumme in Höhe von 1,1 Mrd.

Sechs europäische und japanische Chemiekonzerne, darunter BASF und Roche, haben sich bereit erklärt, ihre Abnehmer für frühere Preisabsprachen bei Vitaminen zu entschädigen. Sie einigten sich mit den übervorteilten Firmen, darunter Coca-Cola und Kraft, auf eine Entschädigungssumme in Höhe von 1,1 Mrd. Dollar, wie die "Washington Post" am Dienstag berichtete. Elf Prozent davon, also rund 125 Mill. Dollar, fließen an die Anwälte der Abnehmer. Der Vergleichsvorschlag muss noch gerichtlich genehmigt werden. Ein BASF-Sprecher wollte den genannten Betrag zunächst nicht bestätigen. Das Unternehmen bemühe sich aber, den Fall "durch einen Vergleich abzuschließen", sagte er in Ludwigshafen.

Die deutsche BASF, die schweizerische Roche und die französische Rhône-Poulenc waren im Mai in den USA schon zu Rekordstrafen in einer Gesamthöhe von 750 Mill. Dollar verurteilt worden. Sie hatten sich schuldig bekannt, sich seit 1990 auf zahlreichen Märkten weltweit Preise für Vitamine abgesprochen zu haben. An dem Vergleich mit rund tausend Abnehmerfirmen sind auch die japanischen Konzerne Eisai, Daiiche und Takeda beteiligt. In 16 US-Bundesstaaten sind außerdem Sammelklagen von Verbrauchern gegen die Chemieriesen anhängig.

Der scheidende EU-Wettbewerbskommissar Karel Van Miert kündigte unterdessen an, Roche und BASF drohten in Europa noch höhere Strafen als in den USA. Es sei aber "zu früh", über konkrete Zahlen zu sprechen, sagte Van Miert in Brüssel. Die Kommission werde bei der Straffestsetzung auch die Kooperationsbereitschaft der Firmen berücksichtigen.

Das Wachstum der behördlich verhängten Strafgelder in den USA ist eindrucksvoll. Im Jahre 1987 verhängte die Anti-Trustabteilung des Justizministerium gerade mal Bußen von 17 Mill. Dollar in "kriminellen Kartellverfahren". 1995 waren die Einnahmen schon auf 41 Mill. Dollar geklettert, 1998 waren es 266 Mill. Dollar, und in diesem Jahr sind es bislang 955 Mill. Dollar. Mit den hereingeholten Bußen darf die Anti-Trustabteilung des Ministeriums, die unter der aggressiven Leitung von Staatssekretär Joel Klein steht, nicht einmal den eigenen Haushalt finanzieren, obwohl sie es spielend könnte: Der macht in diesem Jahr nämlich nur 114 Mill. Dollar aus. Die eingenommenen Bußgelder wandern vielmehr in einen Fonds für die Opfer der Kartellverstöße.

Für den alten Verbraucherschützer Ralph Nader war der Anstieg der Kartellbußen ein gefundenes Fressen. Nader hat seinen mitunter zweifelhaften Ruhm in den sechziger Jahren mit einer Philippika gegen den damaligen VW-Käfer begründet, den er "Unsafe at any Speed" (Unsicher bei jeder Geschwindigkeit) nannte. Seit 30 Jahren tritt Nader immer dort auf, wo es vermeintliche Verbraucherinteressen zu schützen gibt und auch bei sogenannten Wirtschaftskriminellen. Gemeinsam mit den Institutionen Corporate Crime Reporter, Stakeholder Alliance und Multinational Monitor hat Nader eine private Untersuchung unter dem Titel "Top 100 Corporate Criminals of the 1990s" (Die 100 kriminellen Spitzenunternehmen der Neunziger) herausgebracht. Der Bericht listet 100 Gesellschaften auf, die sich in Kartellverfahren schuldig bekannt haben. Die Autoren stufen die "kriminellen Unternehmen" nach dem Rang ihrer Bußen ein.

zz

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false