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Wirtschaft: Philips ist für eine Überraschung gut

Europas größter Elektronikkonzern verdient mehr als erwartet/Hohe Kosten durch Umstrukturierung

Brüssel (sbe/HB). Mit einem Reingewinn von 124 Millionen Euro gegenüber einem Verlust von 330 Millionen Euro im Vorjahresquartal hat Europas größter Elektronikkonzern Philips die Börsen am Dienstag überrascht. Analysten hatten nur mit einem kleinen zweistelligen Millionenbetrag gerechnet. Nach Verbesserungen in der Halbleitersparte und dank weiter sinkender Kosten peilt der Konzern für das Gesamtjahr 2003 weiter einen Überschuss an.

Trotzdem reagierten die Anleger verhalten, denn das Betriebsergebnis enttäuschte. Durch unerwartete Rückstellungen für Umstrukturierungen von 197 Millionen Euro sackte es auf 126 Millionen Euro. Auch hier hatten Analysten nur einen zweistelligen Betrag prognostiziert. Die Aktie verlor bis Handelsschluss 2,8 Prozent auf 22,26 Euro.

Die Aussichten für das vierte Quartal sind Philips zufolge gleichwohl positiv. „Wir erwarten schwarze Zahlen sowohl für das Nettoresultat als auch für das Betriebsergebnis“, sagte Finanzvorstand Jan Hommen. In den ersten neun Monaten verbuchte das niederländische Unternehmen einen Betriebsverlust von 120 Millionen Euro. Diesen muss es im vierten Quartal wenigstens kompensieren. Das werde durch das traditionell gute Weihnachtsgeschäft, hohe Gewinnbeiträge nichtkonsolidierter Gesellschaften (siehe Lexikon) sowie Kostensenkungen gelingen, sagte Hommen. Vorstandschef Gerard Kleisterlee hatte aber zu Jahresbeginn gesagt, er gehe von einer Verbesserung gegenüber 2002 aus. Das Betriebsergebnis lag damals bei 420 Millionen Euro. Dies würde bedeuten, dass Philips im vierten Quartal mehr als 540 Millionen Euro erwirtschaften müsste. „Das ist durchaus realistisch, denn das letzte Quartal ist stets das mit Abstand stärkste“, urteilte Rabobank-Analyst Frits de Vries. Allein der Turnaround bei der Halbleitersparte und der Umstand, dass anders als vergangenes Jahr keine Sonderkosten für die Auflösung der Bauelementesparte mehr entstünden, machten 500 Millionen Euro aus, ergänzte ING-Analyst Eric de Graaf.

Es ist aber mit außerordentlichen Kosten zu rechnen. Erstens können für den Ausstieg aus dem Bildschirm-Joint Venture LG Philips Displays laut de Graaf bis zu 200 Millionen Euro erforderlich sein. Zweitens will Kleisterlee kommendes Jahr das Sparprogramm intensivieren, das die Kosten bis Jahresende konzernweit um eine Milliarde Euro drücken soll und laut Hommen übererfüllt wird. „Wir haben 600 Projekte identifiziert, die ein zusätzliches Sparpotenzial von 500 Millionen Euro haben“, sagte Hommen. Das könne weitere Restrukturierungskosten zu Lasten des vierten Quartals oder des ersten Quartals 2004 mit sich bringen. Analysten rechnen mit mehreren hundert Millionen Euro.

Kein Vorsprung vor der Konkurrenz

Die Ausweitung des Sparprogramms beurteilen sie reserviert. Philips spare seit mehr als zehn Jahren und tue nur, was nötig sei. Aber es reiche stets nicht aus, denn die Wettbewerber schliefen nicht. „Der Konzern gewinnt keinen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz“, kritisierte de Graaf.

Gewinnmotor des abgeschlossenen Quartals waren vor allem nicht-konsolidierte Gesellschaften, die mit 239 Millionen Euro einen höher als erwarteten Beitrag lieferten. Die Veräußerung von Beteiligungen erbrachten zusätzliche 68 Millionen Euro. Darauf könne man keine Zukunft bauen, sagte de Graaf skeptisch. Positiv entwickelte sich der Bereich Medizinische Systeme, der nach einem kleinen Vorjahresverlust mit einem dreistelligen Betriebsgewinn überraschte. Höhere Umsätze, bessere Margen sowie starke Kostensenkungen zahlten sich aus. Hommen formulierte die Aussichten jedoch vage. Die Konkurrenz nehme zu und der Preisdruck steige, begründete er.

Das Sorgenkind, die Halbleitersparte, werde im vierten Quartal schwarze Zahlen schreiben, sagte Hommen. Er erwartet einen Umsatzzuwachs von neun Prozent in Dollar und auf Basis konstanter Wechselkurse. Der Chipmarkt habe angezogen und werde 2003 in Dollar gerechnet um 13 Prozent wachsen. Für 2004 erwartet Hommen ein Wachstum von 20 Prozent. Um davon voll profitieren zu können und weniger schwankungsanfällig zu sein, plant Philips neuerliche Kostensenkungen. Der dafür nötige Restrukturierungsaufwand von 152 Millionen Euro drückte die Sparte im dritten Quartal aber viel tiefer in die roten Zahlen als im Vorjahreszeitraum. Auch die Sparte Verbraucherelektronik blieb in den roten Zahlen. Der Verlust war jedoch nur halb so groß wie vom Markt erwartet.

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