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8,50 Euro pro Stunden bekommen die Zusteller bei der Pin AG. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa

Pin Mail AG: Mehr als Briefe

Der Berliner Postdienstleister Pin wirbt mit einer neuen Internetanwendung um Kunden.

Von Maris Hubschmid

Es tut sich etwas beim krisengeplagten Briefdienstleister Pin AG: In diesem Herbst will das Berliner Postunternehmen sein Angebot um Druck- und Organisationsdienstleistungen erweitern. Dazu wurde eigens ein Tochterunternehmen, die Pin Digital GmbH, gegründet. Deren zentrales Produkt, die „Serienkarte“, sei bereits in der Testphase, sagte Marc Zeimetz, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Pin Mail AG und Manager bei der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, dem Tagesspiegel. Georg von Holtzbrinck hält gemeinsam mit der TNT Post Anteile an Pin.

Über das Internet sollen Kunden künftig Karten und Flyer in einem Zug gestalten, mit Adressen versehen, drucken und versenden lassen können. Mit diesem Konzept wagt sich die Pin AG ein ganzes Stück weit weg vom klassischen Versandgeschäft mit Briefen und Paketen und macht Druckereien, Grafik- und Kommunikationsagenturen Konkurrenz.

„Dies ist der erste Bestandteil einer größer angelegten Plattform für Online-Direktmarketing“, sagt Zeimetz. Für den Anfang können Nutzer zwischen zwei Kartengrößen wählen. Die Online-Anwendung könne mit eigenen Kontaktdateien verknüpft werden, um Adressen automatisch einzupflegen. Längerfristig sei eine größere Palette an Formaten denkbar. Pin überlege zudem, parallel in den Handel mit Adressen einzusteigen, sagte Zeimetz. Das Angebot richtet sich in erster Linie an Unternehmen, aber auch an Privatnutzer. Die Mindestbestellmenge liegt in der vorläufigen Version bei fünf Karten. Hochzeitseinladungen, Geburtsanzeigen, Umzugsbenachrichtigungen – die Pin will sie herstellen.

Bundesweit beschäftigt die Pin Mail AG rund 1000 Mitarbeiter. Im vergangenen Jahr war es still geworden um die Berliner Versandfirma - davor hatten vor allem Negativmeldungen für Schlagzeilen gesorgt: Zwar war die Pin AG 2001 hoffnungsvoll gestartet. Als eines der ersten privaten Postunternehmen erhielt sie alle erforderlichen Lizenzen der Bundesnetzagentur zur Beförderung und Zustellung von Briefpost. Mit den hellgrün gekleideten Briefträgern, so waren damals die Erwartungen, käme endlich ein Wettbewerb im Postgeschäft ins Rollen, der Preissenkungen und mehr Servicequalität bescheren würde. Doch hohe Mindestlöhne, vom einstigen Monopolisten Deutsche Post durchgedrückt, ließen den Gewinn schrumpfen, die Pin Group, in der die Pin AG zwischenzeitlich aufgegangen war, ging pleite und wurde von den früheren Eigentümern Axel Springer und WAZ-Mediengruppe abgestoßen und zerschlagen.

Auch danach kam die Pin Mail AG nicht recht voran. Filialen mussten geschlossen werden, nach der Mindestlohnaufhebung prangerten Gewerkschafter prekäre Beschäftigungsverhältnisse an. Pin klagte über unlauteren Wettbewerb durch die Post, die Kunden mit illegalen Rabatten abgeworben hätte. Sanktionen blieben aber aus.

Nach mehr als 49 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2010 sanken die Erlöse bei Pin 2011 auf 47 Millionen Euro. In diesem Jahr erwartet das Unternehmen einen Rückgang auf 45 Millionen Euro. Um sich zu verändern, hatte Pin Anfang Februar 2011 den Vorstand verdreifacht. Dem bis dato alleinigen Vorstand Axel Stirl wurden ein Finanzvorstand und ein Vorstand für das operative Geschäft an die Seite gestellt, damit er sich fortan ganz auf die Entwicklung neuer Geschäftsfelder konzentrieren könne.

Mittelfristig will die Pin nun auch mehr Service für Privatkunden bieten. Post-Ident-Verfahren, Identitätsnachweise für Bankgeschäfte, sollen sich künftig an der eigenen Haustür erledigen lassen. „Und wir wollen Abendlieferungen einführen – das heißt dann liefern, wenn die Empfänger zu Hause sind, damit Pakete nicht beim Nachbarn zwei Straßen weiter abgegeben werden“, sagt Zeimetz. Bislang sei die Logistik nach der geografischen Situation ausgerichtet. „In der Zukunft nach dem Kunden.“

Die jüngeren Entwicklungen im Geschäft mit Großkunden stimmen das Unternehmen zuversichtlich. Seit einigen Monaten wickelt die Pin AG den Versand für den Onlinehändler Amazon ab. Noch bis mindestens 2014 läuft ein Vertrag mit dem Land Berlin.

Bei der Dienstleistungsgesellschaft Verdi betrachtet man die Pin Post ob ihrer Beschäftigungsbedingungen nach wie vor kritisch. „Es hat sich nichts geändert“, sagt Gewerkschaftssekretär Detlef Conrad. „Wenn sie krank sind, müssen die Mitarbeiter Lohneinbußen in Kauf nehmen, weil die Anwesenheitsprämie wegfällt. Viele Arbeitsverhältnisse sind befristet. Überstunden sind die Norm“, klagt er. „Wie da eine Serviceoffensive gefahren werden soll, kann ich mir nicht vorstellen.“ Mit 8,50 Euro pro Stunde sei der Lohn in vielen Fällen nicht hoch, aber anständig, sagt Zeimetz dazu. „Bei höheren Löhnen könnten wir den Betrieb nicht dauerhaft aufrecht erhalten.“

Um ganztägig Touren zu ermöglichen, will die Pin Zeimetz zufolge beizeiten auch zusätzliches Personal einstellen.

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