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Pipeline-Projekt torpediert: Russland kämpft um Vorherrschaft auf Gasmarkt

Gazprom will das milliardenschwere Pipeline-Projekt Nabucco hintertreiben. Die Russen ärgern sich über die Leitung, die Europa unabhängiger von russischem Gas machen soll.

Der russische Gaskonzern Gazprom hintertreibt das milliardenschwere Pipeline-Projekt Nabucco. Für den weltgrößten Gaskonzern ist die Leitung, die Gas aus dem kaspischen Raum durch Südosteuropa nach Westen bringen und Europa so unabhängiger von Importen aus Russland machen soll, seit langem ein Ärgernis. Jetzt hat Gazprom nach Informationen des „Handelsblatts“ dem RWE-Konzern, einem der Initiatoren von Nabucco, ein unmoralisches Angebot unterbreitet: RWE soll sich an der konkurrierenden Pipeline South Stream, einem Gazprom-Projekt, beteiligen. Dies wurde von mehreren mit den Gesprächen vertrauten Personen bestätigt. Offiziell halten sich die beteiligten Unternehmen auf Anfrage bedeckt. Sollte RWE auf das Angebot eingehen, würden die Chancen von Nabucco gegen null sinken.

Russland hat einen großen Teil des europäischen Gasmarktes im Griff. Rund 25 Prozent des in Europa verbrauchten Gases stammt aus Sibirien, in Deutschland sind es 37 Prozent. Da die Förderung in der Nordsee sinkt, dürfte die Abhängigkeit weiter steigen. In den vergangenen Jahren hatten die Europäer mehrfach erfahren, wie problematisch das sein kann, als die Lieferungen gedrosselt wurden, weil Gazprom mit den Transitländern Ukraine und Weißrussland über unbezahlte Gasrechnungen stritt.

Nabucco soll Europa alternative Quellen erschließen. Die Leitung soll von der Osttürkei aus über eine Länge von 3300 Kilometer über Bulgarien, Rumänien, Ungarn nach Österreich führen. Geplant wird sie neben RWE von Firmen aus den betroffenen Ländern. So sollen bis 2015 rund acht Milliarden Kubikmeter Gas fließen, bis 2020 dann 31 Milliarden Kubikmeter. Das wäre etwa ein Drittel des gesamten deutschen Verbrauchs.

Gazprom hat mit dem South-Stream-Projekt gekontert, das von Russland nach Italien und Österreich führen soll. Damit wollen die Russen die Bedeutung Weißrusslands und der Ukraine als Transitländer reduzieren. Aus dem selben Grund baut Gazprom derzeit mit Eon, BASF und anderen die Pipeline North Stream durch die Ostsee.

Nun hat offenbar Gazprom-Vizechef Alexander Medwedjew Kontakt mit RWE aufgenommen. Die Offerte kommt in einer für Nabucco kritischen Phase. Bis Ende 2010 braucht das Konsortium feste Zusagen aus den Lieferländern, doch die werden zum Teil von Russland unter Druck gesetzt. juf/str (HB)

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