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Wirtschaft: Pixelpark soll zerschlagen werden

Bertelsmann lässt Multimedia-Agentur fallen – Hauptquartier in Berlin mit 125 Mitarbeitern vor der Schließung

Berlin (mot/msh). Der Berliner InternetDienstleister Pixelpark soll zerschlagen werden. Nach internen Plänen des Vorstands und des Mehrheitseigners Bertelsmann soll die Zentrale in Berlin mit etwa 125 Mitarbeitern geschlossen werden und der Standort Hamburg mit einigen wenigen Beschäftigten erhalten bleiben. Wie der Tagesspiegel am Freitag aus Unternehmenskreisen erfuhr, sollen von den derzeit in Deutschland beschäftigten rund 250 Mitarbeitern 210 entlassen werden. Die verbleibenden 40 werden künftig überwiegend am Standort Köln arbeiten. In Finanzkreisen wird eine Insolvenz der Gesellschaft, die mit Liquiditätsproblemen kämpft, nicht mehr ausgeschlossen. Die Pixelpark-Aktie notierte am Freitagnachmittag bei 1,22 Euro um 0,8 Prozent höher als am Vortag.

Die Radikalsanierung soll nach einem vorläufigen Konzept des Vorstands Pixelpark aus seiner akuten Ertrags- und Liquiditätskrise befreien. Bertelsmann ist mit rund 60 Prozent an dem Unternehmen beteiligt und offenbar nicht mehr bereit, sich mit einer Finanzspritze an der Rettung zu beteiligen. Versuche, Pixelpark als Ganzes zu verkaufen, waren in den vergangenen Wochen gescheitert. 2001 hatte Pixelpark bei einem Umsatz von 81,3 Millionen Euro einen Verlust von 86 Millionen Euro angehäuft.

Pixelpark-Chef Paulus Neef, der die Agentur 1991 gegründet und im Oktober 1999 an den Neuen Markt gebracht hatte, hatte am vergangenen Montag vergeblich in Gütersloh mit Bertelsmann-Finanzvorstand Siegfried Luther über ein weiteres Engagement des Medienkonzerns – die Rede ist von einer Summe von acht Millionen Euro – verhandelt. Aufsichtsratschef Jürgen Richter war in der vergangenen Woche zurückgetreten. Neef selbst hatte bereits Ende September seinen Rückzug angedeutet, indem er das Stimmrecht an seinen Aktien an das Bankhaus Sal. Oppenheim übertrug.

Bertelsmann war am Freitag zu keinem Kommentar bereit. Pixelpark-Sprecherin Sabine Klisch verwies auf die Veröffentlichung der Zahlen zum dritten Geschäftsquartal am 29. November. Vorher werde man sich an Spekulationen nicht beteiligen. „Eine Insolvenz kann ich für heute und morgen aber ausschließen“, fügte sie hinzu.

„Die Kollegen sind in Panik“, sagte Pixelpark-Betriebsrat Markus Kempken dem Tagesspiegel. Schon seit Wochen wisse die Belegschaft nicht, wie es weitergehe. Mitte Oktober hatte Pixelpark wegen der schlechten Auftragslage einen weiteren Personalabbau angekündigt, der im vierten Quartal umgesetzt werden soll. „Wer kann, sieht sich nach einem neuen Job um“, sagte Kempken.

Nach Informationen aus Unternehmenskreisen soll das Hauptquartier in Berlin geschlossen und nach Köln verlegt werden. Köln gilt als der einzige profitable Standort innerhalb Deutschlands. Vom Stellenabbau nicht betroffen sollen die Standorte in Österreich und der Schweiz sein. Bereits zum Jahresanfang hatte Pixelpark seine Dependancen in Spanien und Frankreich mit zusammen 74 Mitarbeitern geschlossen. Insgesamt beschäftigt Pixelpark im In- und Ausland noch rund 450 Mitarbeiter.

Unterdessen verschlechtert sich die finanzielle Situation des Unternehmens rasant. Zum Ende des vergangenen Halbjahrs hatte Pixelpark noch rund 16 Millionen Euro an flüssigen Mitteln zur Verfügung. Nach einem weiteren Umsatzrückgang von 30 Prozent im dritten Quartal auf nunmehr rund acht Millionen Euro, den das Unternehmen Mitte Oktober angekündigt hat, schmelzen die Barbestände aber dahin. Schon vor Monaten hatte Neef gewarnt, Pixelpark drohe spätestens Ende 2002 ein Liquiditätsengpass.

In Finanzkreisen wird vor einer drohenden Pleite gewarnt: „Die Insolvenz ist nur eine Frage der Zeit“, sagt Klaus Linde, Analyst bei SES-Research. Angesichts der desolaten Umsatz- und Ergebnisentwicklung gibt Linde dem Unternehmen noch maximal ein dreiviertel Jahr. „Pixelpark ist der Marktentwicklung immer hinterhergelaufen.“. Der Vorstand habe zu spät auf den Nachfrageeinbruch reagiert. „Selbst die Schrumpfkur hat nicht geholfen“, sagt Linde. „In seiner heutigen Struktur hat Pixelpark keine Zukunft.“

Ein Insolvenzverfahren könnte zumindest den Standort Köln und die profitablen Teile der Gesellschaft – vor allem das IT-Geschäft und die Realisierung von Internetauftritten – retten. Mögliche Käufer für das schuldenfreie Restgeschäft wie die Kölner Antwerpes AG oder die Düsseldorfer Xtend New Media stehen dem Vernehmen nach bereit.

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