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Wirtschaft: Planspiele um Karstadt-Quelle

Wird der Konzern von der Börse genommen und aufgespalten? Die Unternehmensführung dementiert, Branchenbeobachter zweifeln

Berlin - Der Konzern Karstadt-Quelle soll von der Börse genommen und zerschlagen werden, das ist zumindest aus Unternehmenskreisen zu hören. Die Konzernführung allerdings dementiert. „Das sind reine Spekulationen“, sagte Konzern-Sprecher Jörg Howe. Die Karstadt- Quelle-Aktie legte am Dienstag zu und notierte zum Schluss knapp ein Prozent im Plus bei 15,68 Euro. Howe sagte, an Medienberichten, der Konzern habe bereits die Investmentbank Goldman Sachs beauftragt, ein Übernahmeangebot an die freien Aktionäre vorzubereiten, sei nichts dran. „Weder Goldman Sachs noch eine andere Bank haben einen solchen Auftrag erhalten.“ Auch Goldman Sachs dementierte den Auftrag.

Dennoch, seit Jahresanfang kauft Großaktionärin Madeleine Schickedanz, Tochter des Quelle-Gründers, im großen Stil Karstadt-Aktien. Derzeit hält der Pool Schickedanz – zu dem noch Ehemann Leo Herl und Neffe Martin Dedi gehören – an dem Handelskonzern rund 60 Prozent. Welche Strategie Schickedanz mit den Aufkäufen verfolgt, darüber schweigen alle Beteiligten, auch Karstadt-Quelle. Dass eine Strategie dahinter steckt, ist für Branchenbeobachter allerdings klar. „Das Ziel ist es, den Wert von Karstadt-Quelle zu steigern“, sagt Handelsanalyst Christian Schindler von der Landesbank Rheinland-Pfalz. Dazu gebe es zwei Möglichkeiten: Entweder werde der Konzern zerschlagen oder das Gesamtgeschäft operativ nach vorne gebracht. In beiden Fällen könnte ein Delisting von der Börse von Vorteil sein, weil der Konzern sich so vom Druck des Kapitalmarktes befreie.

Für eine Zerschlagung spricht laut Schindler, dass die einzelnen Konzernteile, also die Warenhäuser, der Versandhandel, die 50-prozentige Beteiligung am Reisekonzern Thomas Cook und die immobilen, mehr wert sind als das Gesamtunternehmen. An der Börse wird KarstadtQuelle derzeit mit 3,2 Milliarden Euro bewertet. „Ebenso realistisch ist aber auch, alle Anstrengungen in das operative Geschäft zu stecken“, sagte Schindler. Hier sei der Konzern bereits auf bestem Wege. So verzeichnete der Stationäre Einzelhandel im vierten Quartal einen Umsatz von 1,5 Milliarden Euro. Damit setzten die Warenhäuser erstmals seit zehn Jahren mehr als in dem jeweiligen Schlussquartal des Vorjahres um. „Was Konzernchef Thomas Middelhoff in den ersten sieben Monaten seiner Amtszeit geschafft hat, haben seine Vorgänger in einem Jahrzehnt nicht hinbekommen“, sagte Schindler.

Middelhoff war im Mai vergangenen Jahres vom Aufsichtsratsvorsitz des Essener Konzerns in den Vorstandsvorsitz gewechselt. Seitdem hat er die Sanierung des Konzerns vorangetrieben. 74 kleinere Warenhäuser und über 300 Fachgeschäfte wurden verkauft. Die angestaubten Versandhändler Neckermann und Quelle sollen neu aufgestellt werden, indem Synergien im Einkauf, der Verwaltung sowie der Logistik geschaffen und rund 1000 Stellen abgebaut werden. Seit Jahresanfang firmiert Neckermann unter „Neckermann.de“ und soll jüngere Käuferschichten erschließen, die vor allem online bestellen. Um den Konzern zu entschulden, will Middelhoff in diesem Jahr das Immobilienvermögen verkaufen, das auf rund drei Milliarden Euro geschätzt wird. So mitteilungsbedürftig Middelhoff ist, so einsilbig wird er, wenn man ihn fragt, warum Schickedanz seit Monaten Karstadt-Aktien kauft. Er habe keine Kenntnis über Pläne, sagt er dann. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass einer wie Middelhoff, der auf Bitten von Schickedanz den Vorstandsvorsitz übernommen hat, nicht in die Vorhaben der Großaktionärin eingeweiht sein soll.

Immerhin ist es nicht zuletzt Middelhoff gewesen, der dazu beigetragen hat, dass Schickedanz zu einem günstigen Preis Aktien erwerben konnte. Im Sommer 2005 brach das Karstadt-Papier ein, als Middelhoff die Gewinnaussichten von Karstadt-Quelle stark nach unten korrigierte. Statt des drei Monate zuvor angekündigten Gewinns vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen von 500 Millionen Euro werde es voraussichtlich zum Jahresende nur ein Ergebnis von 350 Millionen Euro geben, warnte er.

D. Rosenfeld

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