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Aus der Kiste. Die Schwestern Jenny (links) und Chrish Klose verkaufen in ihrem Pop-up-Store selbst produzierte Kladden, Blöcke und Karten.

© Mike Wolff

Pop-up-Stores: Vorübergehend geöffnet

Kleine Label und große Konzerne machen vermehrt Läden für kurze Zeit auf – vor allem in Berlin.

Von Carla Neuhaus

Wer bei Sven Krüger einkaufen will, muss ihn suchen. Nur ein schwarzes Plakat mit weißer Schrift deutet darauf hin, dass sich im Erdgeschoss des bunt besprühten Fabrikgebäudes in Friedrichshain ein Laden befindet. Innen sieht es aus wie in einem Rohbau. Kabel hängen von der Decke, mehrere Heizstrahler pusten warme Luft in den Raum. Dazwischen stehen Kleiderständer mit Designermode. Krüger verkauft hier Kleidung von rund 30 Berliner Labeln. Das meiste sind Einzelstücke, zum Teil sogar Prototypen. „Wir wollten zur Fashion Week etwas machen, das für alle zugänglich ist“, sagt er. In die Showrooms käme man schließlich nur mit persönlicher Einladung und kaufen könne man dort auch nichts. Deshalb hat Krüger nur für ein paar Tage einen Laden aufgemacht, Sonntagabend wird wieder abgebaut.

„Pop-up-Store“ nennen die Marketingstrategen das und meinen damit Geschäfte, die „aufpoppen“, plötzlich da und ebenso schnell wieder verschwunden sind. In Berlin – der Stadt, von der es immer heißt, dass sie sich ständig neu erfinde – werden besonders viele dieser Läden für ein paar Tage oder Wochen eröffnet. „Es gibt hier das richtige Publikum und die passenden Räume“, sagt Carsten Baumgarth, Marketingprofessor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin. Längst sind diese Geschäfte auf Zeit nicht mehr nur etwas für junge Kreative. „Pop-up-Stores sind mittlerweile auch für große Konzerne ein Thema“, sagt Fabian Johow. Der Eventmanager organisiert seit gut drei Jahren in Berlin regelmäßig temporäre Läden im Auftrag von Unternehmen. Konzerne, sagt Johow, eröffneten diese Geschäfte auf Zeit zum Beispiel, um ein spezielles Produkt gezielt zu bewerben.

So wie es derzeit Opel in Berlin tut. In einem Laden in Mitte, in dem bis vor kurzem noch Kleidung verkauft wurde, hat der Autobauer für zwei Wochen einen Pop-up-Store eröffnet. In der Rosa-Luxemburg-Straße präsentiert der Konzern noch bis zum Samstagabend sein neues Kleinwagenmodell Adam. Kaufen oder bestellen können Kunden das Auto, das an diesem Samstag offiziell auf den Markt kommt, dort nicht. Das sei aber auch nicht der Sinn und Zweck des temporären Ladens, sagt Tomas Caetano, der europaweit die Markenkommunikation bei Opel leitet. „Die Idee des Pop-up-Stores ist für uns interessant, weil wir dadurch mit potenziellen Kunden in Kontakt kommen“, sagt er.

In Jeans und Jackett steht er in dem Laden, der eher einer Galerie als einem Autohaus ähnelt. Neben dem neuen  Wagen hängen Kleider der jungen Designerin Hoai Vo, die an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee studiert hat. Dahinter stehen bunte Kunstinstallationen von Studenten. Sie wollten eine „ungezwungene Atmosphäre schaffen“, sagt Caetano. In Berlin habe Opel ganz bewusst parallel zur Fashion Week einen Raum für den Pop-up-Store angemietet, „um ein möglichst internationales Publikum anzusprechen“. Auch in anderen europäischen Städten wie London, Paris, Amsterdam und Rom macht der Autobauer in diesen Tagen einen solch temporären Laden auf.

„Pop-up-Stores erlauben den Unternehmen, etwas Neues auszuprobieren“, sagt Eventmanager Johow. Wenn ein Konzern ein neues Geschäft eröffnet, fließe viel Zeit und Geld in die Konzeption, jedes Detail müsse zur Markenbotschaft passen. Ein neues Produkt in einem temporären Geschäft vorzustellen gehe schneller – und sei billiger. „Einen Pop-up-Store zu eröffnen, kostet in der Regel nur ein Fünftel dessen, was die Eröffnung eines stationären Ladens kostet“, sagt Johow.

Das war auch das ausschlaggebende Argument für Chrish und Jenny Klose. Die beiden Schwestern betreiben das Papeterie-Label Wednesday Paper Works. In ihrer Buchbinde-Werkstatt in Kreuzberg fertigen sie seit anderthalb Jahren Schreibblöcke, Kladden und Karten. Noch bis Mitte Februar verkaufen sie die in einem Pop-up-Store in einer Neuköllner Eisdiele, die über den Winter geschlossen hat. „Ein dauerhaftes Geschäft zu eröffnen, kostet viel Geld und Zeit“, sagt Chrish Klose. An beidem mangele es ihnen als junges Label. Der Pop-up-Store, der nur mittwochs geöffnet hat, sei deshalb eine günstige Möglichkeit, die eigenen Produkte zu präsentieren.

An das Eis, das hier in den Sommermonaten verkauft wird, erinnert nur die Glasvitrine hinten im Raum. Statt Regalen haben sie alte Transportkisten aufgestellt, auf dem Boden ist Rindenmulch verteilt, von der Decke baumeln tief hängende Glühlampen. „Wir wollten bewusst eine andere Atmosphäre schaffen als in einem herkömmlichen Laden“, sagt Chrish Klose. In Kürze werden sie den Mulch wieder zusammenfegen, die Lichtinstallation abbauen und ihre Papierwaren einpacken. Bis sie wieder einen Pop-up-Store eröffnen. In Neukölln oder anderswo.

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