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Gunnar Groebler ist Vattenfall-Vorstand für erneuerbare Energien

© Vattenfall

Porträt Gunnar Groebler: Schwedisch statt Mandarin

Als Deutscher zog Gunnar Groebler in den Vattenfall-Vorstand in Stockholm ein. Dort ist er der Mann für die Energiewende.

Dass sich Gunnar Groebler hohe Ziele setzt, hat er noch nie verborgen. Als der junge Maschinenbau-Ingenieur von der RWTH Aachen 1999 beim Energieversorger Veag als Trainee anfängt, fragt ihn der damalige Leiter der Unternehmensentwicklung, Helmar Rendez, wo er mal hinwolle. Auf ihren Stuhl, antwortet Groebler. Wie hat Rendez das aufgenommen? Sportlich, sagt Groebler im Gespräch mit Tagesspiegel Background Energie & Klima. Für beide war der Stuhl nur eine Durchgangsstation: Rendez ist heute Chef des Lausitzer Braunkohle-Unternehmens Leag, Groebler im Vorstand der schwedischen Vattenfall Group für Windkraft und andere Energiewende-Themen zuständig.

Auch beim Schritt nach Schweden – Vattenfall hatte drei Jahre zuvor die Veag gekauft – erlegt sich der Mann aus dem Ruhrgebiet keine falsche Zurückhaltung auf. „Auf dem Flug nach Stockholm saß ich zufällig neben dem damaligen Vattenfall-CEO Lars G. Josefsson. Da habe ich ihn einfach angesprochen“, erzählt Groebler. Das ist 2002, der junge Manager arbeitet in der deutschen Strategieabteilung gerade daran, nach der Fusion das „neue“ Vattenfall zusammenzubauen. Im Machtzentrum der Gruppe in Schweden kümmert sich Groebler dann darum, in Ländern wie Deutschland, Polen oder Dänemark schneller zu wachsen und Synergieeffekte zu nutzen. Es ist eine anstrengende Zeit. „Schwedisch zu lernen war ein Kraftakt“, sagt Groebler. „Aber ich will nicht so tun, als hätte ich Mandarin gelernt.“ Erst durch die Sprache habe er wirklich den Zugang zu den einheimischen Kollegen bekommen. Manche schwedische Worte ließen sich einfach nicht auf Englisch oder Deutsch übersetzen, sagt er.

„Brutal viel gelernt“ in Stockholm

„Brutal viel gelernt“ habe er in der Vattenfall-Zentrale. Der Konzern ist in einer Phase des Umbruchs, die erneuerbaren Energien werden immer wichtiger. 2005 schicken ihn die Schweden wieder in sein Heimatland. Groebler arbeitet an der geschäftlichen und juristischen Umstrukturierung von Vattenfall mit. So wird der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz ein eigenständiges Unternehmen. Etwas später übernimmt Groebler das defizitäre Geschäft mit Pumpspeicherkraftwerken und führt es zumindest vorübergehend in die schwarzen Zahlen.

Dann wird Groebler der Hauptverantwortliche für das Geschäft mit Windkraft an Land und auf See in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden. Als der heutige Vattenfall-Chef Magnus Hall die regionalen Strukturen auflöst und nach operativem Geschäft ordnet, zieht Groebler 2016 als Vorstand für Windenergie in das höchste Führungsgremium in Stockholm ein und übernimmt ein Jahr später auch noch das Geschäft mit Solarenergie und Batterien. In Großbritannien und den Niederlanden beispielsweise kombiniert Vattenfall Solaranlagen und Batterien mit Windparks. Im walisischen Pen y Cymoedd betreibt das Unternehmen einen Onshore-Park mit einer Leistung von 228 Megawatt mit einem 22-MW-Speicher, dessen Batterietyp auch im BMW i3 zum Einsatz kommt.

Der heute 46-jährige Groebler ist wie die meisten Manager eindeutig sach- und zahlenorientiert – und vielleicht gerade deshalb ein überzeugter Anhänger der Energiewende. Als er in der zehnten Klasse ein Referat über die Windenergieanlage Growian hielt, fand er das zwar „total spannend“, ahnte aber noch nicht, in welchen Dimensionen er das Geschäft mal betreiben würde. Heute sagt er: „Wir arbeiten am Systemumbau. Die Energiewelt muss auf 100 Prozent erneuerbaren Energien basieren.“ Deshalb würde er sich wünschen, dass die Politik einen CO2-Preis von 25 oder 30 Euro pro Tonne festlegen würde. Auch dass die Bundesregierung den Ausbau von Wind- und Solarenergie an neue Stromtrassen knüpft, missfällt Groebler: „Ohne Netzausbau wird die Energiewende nicht funktionieren“, sagt er. „Aber wir sollten den weiteren Erneuerbaren-Ausbau nicht davon abhängig machen, das geht auch parallel. Eine Konditionierung bringt Unsicherheit ins System.“ Ein Beispiel, wie man es aus seiner Sicht besser machen kann: Das Land Schleswig-Holstein schreibt neue Züge aus, die mit Wasserstoff aus Windkraft betrieben werden. Dafür ist kein Netzausbau notwendig.

„Klaren Fahrplan“ von der Berliner Politik

Von der Berliner Politik hätte Groebler gerne „einen klaren Fahrplan“, sagt er. „Das würde auch unseren Zulieferern Planungssicherheit verschaffen.“ Siemens habe gerade in Cuxhaven ein Werk für Offshore-Windenergieanlagen für 200 Millionen Euro gebaut. In Taiwan oder den USA werde Offshore aktuell stark vorangetrieben. „Auch in den Niederlanden, Dänemark und Großbritannien gibt es ein sehr eindeutiges Bekenntnis zum Ausbau der Erneuerbaren.“

Obwohl die Vattenfall Group in Stockholm sitzt, kann Groebler seinen Job von seinem Wohnort Hamburg aus machen. Schließlich sei das die Wind-Hauptstadt Europas. Seine Freizeit wird von den vier Kindern gut ausgefüllt. Außerdem jagt er gern und kocht. Das Kochen kam zwangsweise dazu: Als Groebler mit 18 seinen ersten Fasan schoss, weigerte sich seine Mutter, den Vogel zuzubereiten.

Dieses Porträt erschien zuerst im Fachinformationsdienst Tagesspiegel Background Energie & Klima.

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