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Porträt: Thomas Enders prescht vor

Mit Thomas Enders übernimmt ein Macher das Ruder bei Airbus. Doch auf der französischen Seite hat sich der drahtige Manager nicht viele Freunde gemacht. Der Zwist über die Zukunft des Luftfahrt-Konzerns dürfte sich fortsetzen.

Bisher kümmerte sich Thomas Enders beim Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS vor allem um Militärjets und Kampfhubschrauber. Nun soll er als neuer Chef von Airbus dafür sorgen, dass der Flugzeugbauer bei Passagiermaschinen wieder den Anschluss an den Erzrivalen Boeing aus den USA bekommt. Das ist nach den Milliardeneinbußen durch die Lieferverzögerungen beim Riesen-Airbus A380 an sich schon kein leichtes Unterfangen. Mit der Einigung auf den Franzosen Louis Gallois als alleinigen EADS-Chef drohen bei dem Konzern zudem weiter interne Streitigkeiten.

Das zeigte schon die Verkündung der Nachricht: Nur zwei Meter von Gallois entfernt erläuterte Thomas Enders vor einer Handvoll Journalisten die neue Führungsstruktur bei EADS - 20 Minuten bevor Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy für das Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Airbus-Sitz in Toulouse landete. Gallois, der gleichfalls von der Presse bedrängt wurde, schwieg sich dagegen über die Nachricht aus. Der 48-jährige Enders kann damit rechnen, dass sich die Franzosen dieses undiplomatische Vorpreschen merken werden.

Tatsächlich ist der hemdsärmelige Ex-Bundeswehr-Fallschirmspringer vom Typ französischer Management-Kader weit entfernt. In Bonn und Los Angeles studierte er Volkswirtschaft, Politik und Geschichte. Von 1989 bis 1991 arbeitete Thomas Enders, der bei EADS den Spitznamen "Major Tom" trägt, im Planungsstab des Verteidigungsministeriums, anschließend machte er eine steile Industriekarriere bei den deutschen Luft- und Raumfahrtkonzernen MBB und Dasa sowie im Daimler-Konzern, dessen damaliger Chef Jürgen Schrempp sein wichtigster Förderer wurde.

Enders will kleinere Staatsanteile

Bei der Gründung von EADS 2000 zog Thomas Enders in den Vorstand ein und übernahm die Rüstungssparte. Mit der Straffung von Arbeitsstäben und verschlankten Entscheidungsabläufen machte er den Bereich profitabel, der im Vergleich zu Airbus aber mit weniger als einem Drittel am EADS-Gesamtumsatz immer der kleine Bruder blieb. Von Anfang an sprach sich Enders für die Verringerung des Staatsanteils bei EADS aus, was die Franzosen ärgert, die anders als Deutschland mit 15 Prozent an dem Konzern beteiligt sind.

Seit Juni 2005 ist Enders EADS-Co-Chef, zunächst neben dem machtbesessenen Franzosen Noël Forgeard, und seit dessen Rauswurf im vergangenen Jahr mit Gallois. Enders wie Gallois gelobten damals, "dass die EADS nationale Grenzen überwinden" müsse, "wenn der Konzern auch in Zukunft florieren soll". Doch daraus wurde nichts: Monatelang versuchten sich beide Seiten gegenseitig den Schwarzen Peter bei der Umsetzung des Airbus-Sparprogramms Power 8 zuzuschieben. Bis heute überschattet tiefes Misstrauen das offizielle Bemühen, die Lasten gleichmäßig auf die Standorte diesseits und jenseits des Rheins zu verteilen.

Eurofighter gegen französische Rafale

Auch in anderen EADS-Bereichen kann von einer harmonischen Abstimmung keine Rede sein: Im Juni sagte Enders in einem Interview, EADS erwäge den Verkauf der Beteiligung am französischen Flugzeugbauer Dassault Aviation. Die Franzosen schäumten und ließen die Aussage durch Gallois umgehend dementieren. Grund: Dassault baut das französische Kampfflugzeug Rafale, ein nationales Prestigeprojekt. EADS ist - mit seinen ursprünglich deutschen und spanischen Teilen - dagegen am Konkurrenzprojekt Eurofighter beteiligt.

Das EADS-Problem geht damit viel tiefer als die Führungsstruktur, die jetzt vereinfacht wurde. An deutsch-französischen Reibereien dürfte sich auch in Zukunft nicht allzuviel ändern. Und die Franzosen werden sehr darauf bedacht sein, dass sein Handlungsspielraum begrenzt bleibt. (Von Martin Trauth, AFP)

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