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POSITION: Marktöffnung ist zu zaghaft

Die Energieversorger agieren noch wie Monopolisten – gerade in Berlin. Die Unternehmen können bei den Preisen zulangen; die Verbraucher müssen zahlen.

Das Bild der Energiewirtschaft in Deutschland ist vielfältiger geworden. Zum einen nimmt die Nutzung erneuerbarer Energien zu, zum anderen haben die zaghaften, aber längst nicht hinreichenden Marktliberalisierungen die Branche verändert. Das gilt auch für Berlin – aber in geringerem Maße als für das übrige Bundesgebiet. Denn eine Großstadt eignet sich kaum zum Aufstellen von Windkraftanlagen und wenig zur Gewinnung von Energie aus nachwachsenden Rohstoffen oder Wasserkraft.

Dominierend sind in Berlin nach wie vor die traditionellen Versorger. Vattenfall, hervorgegangen aus der Bewag, und die Gasag agieren wie Monopolisten und sind weitgehend auf den regionalen Markt ausgerichtet. Zudem gibt es einige Unternehmen, die in der Energieberatung, der Planung und Projektierung von Anlagen zur Energieversorgung sowie im Energiehandel tätig sind. Auch haben sich in der Hauptstadt eine Reihe von Interessensvertretungen der Branche angesiedelt. Insgesamt zählt die Energiewirtschaft in diesem engen Sinne etwa 7000 Beschäftigte in Berlin.

Es ist also keine große Branche, aber bei der Wirtschaftsleistung pro Erwerbstätigem führt sie: Im vergangenen Jahr betrug die Pro-Kopf-Leistung in Berlin wie in Deutschland insgesamt etwa 180 000 Euro. Das ist mehr als doppelt so viel wie in der Industrie und mehr als das Dreifache des Durchschnitts aller Branchen. Herausragend ist die Energiewirtschaft auch bei der Entlohnung. Das macht der mangelnde Wettbewerb möglich: Die Unternehmen können bei den Preisen zulangen – die Verbraucher müssen zahlen.

Zur Energiewirtschaft im weiteren Sinne zählen indes auch die industriellen Hersteller von Ausrüstungen zur Energieerzeugung und -verteilung mit immerhin mehr als 10 000 Arbeitsplätzen. Berlin als Wiege der deutschen Elektroindustrie war auf diesem Gebiet schon immer stark, wenngleich Bayern und Baden-Württemberg der Hauptstadt den Rang abgelaufen haben. In jüngerer Zeit ist die Produktion von Solarenergieanlagen hinzugekommen. In Berlin haben sich auch Unternehmensleitungen angesiedelt, in Brandenburg dagegen überwiegend Produktion im Sinne verlängerter Werkbänke. Es ist zu bezweifeln, ob die Solarwirtschaft für Berlin eine Branche mit Zukunft ist. Bisher ist sie nur durch enorm hohe Subventionen lebensfähig.

Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.

Karl Brenke

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