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POSITION: „Schluss mit den gekränkten Eitelkeiten“

Warum es neue Chancen für eine Fusion von Berlin und Brandenburg gibt

Es ist gerade einmal 16 Monate her, da waren sich noch alle einig. Die Regierungen von Berlin und Brandenburg verständigten sich in einer gemeinsamen Kabinettssitzung auf die Zusammenführung der Wirtschaftsförderung bis 2008. Ein Jahr später folgte dann das Bekenntnis zu einem gemeinsamen Leitbild als europäische Metropolregion. So sollten die Potenziale der Region im internationalen Wettbewerb besser ausgeschöpft werden. Und heute? Von all dem scheint nichts mehr gültig zu sein. Statt gemeinsam den Erfolgspfad einzuschlagen, wird lieber gestritten. Das Augenmerk der verantwortlichen Landespolitiker liegt auf Emotionen und gekränkten Eitelkeiten, Schlagworte haben Vorrang vor Sachpolitik.

Schluss damit! Denn die Gelegenheit ist günstig, insbesondere wenn es um den größten Stolperstein in der Fusionsdebatte geht: die Verschuldung Berlins. Die wachsenden Steuereinnahmen aufgrund der besseren Konjunktur und die Konsolidierungserfolge des Finanzsenators haben hier eine Trendwende herbeigeführt. Wahrscheinlich kommt Berlin spätestens 2009 ohne Neuverschuldung aus. Diese positive Entwicklung hat offenbar auch der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger als Chance erkannt und eine Diskussion um Entschuldungshilfen für finanzschwache Länder, allen voran Berlin, angestoßen.

Die objektiven Voraussetzungen für eine Lösung der Finanzprobleme und damit auch die Machbarkeit einer Länderfusion sind also weit besser, als manche Landespolitiker sie darstellen. Die erfolgreichen Fusionen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, bei den Obergerichten, den Rentenversicherungsträgern oder den Statistikämtern belegen: Zusammen sind wir größer, stärker, effektiver und damit zukunftsfähig. Das belegt besonders eindrucksvoll die Arbeit am Flughafen Berlin Brandenburg International. Im Zusammenhang mit diesem einzigartigen Prestigeprojekt unserer Region werden in den kommenden Jahren viele Tausend neue Arbeitsplätze entstehen.

Richtig wäre es, jetzt den Rückenwind zu nutzen, Vorurteile abzulegen und nach vorne zu schauen. Die zügige Einrichtung einer gemeinsamen Wirtschaftsförderung ist daher unverzichtbar. Sie trüge den bestehenden Strukturen der Wirtschaft Rechnung, denn die Entwicklung ist bereits viel weiter, als die Politiker uns glauben lassen wollen. So pendeln schon heute Zehntausende Arbeitnehmer täglich vom einen Land ins andere. Und für die Unternehmen gilt Berlin-Brandenburg ohnehin als ein Standort. Auch vor dem Hintergrund der Fertigstellung des Flughafens BBI im Jahr 2011 könnte eine gemeinsame Wirtschaftsförderung das Signal setzen, dass die Region an einem Strang zieht.

Insgesamt geht es aber um mehr. Diese Bestrebungen müssen in die ernsthafte Wiederaufnahme der politischen Arbeit beider Landesregierungen für eine Fusion von Berlin und Brandenburg münden. Die gerade laufenden Gespräche über die Reform der Finanzbeziehungen in Deutschland (Föderalismusreform II) bieten hier eine Gelegenheit. Wenn Berlin und Brandenburg in der Kommission mit einer Stimme sprächen und um finanzielle Unterstützung des Bundes und der anderen Länder für ein gemeinsames Land Berlin-Brandenburg bäten, wer wollte sich dem angesichts der immer wieder propagierten Forderung nach Bildung gemeinsamer größerer Länder verschließen? Berlin und Brandenburg sollten ihre neue Chance nicht leichtfertig vertun, gemeinsam stark zu werden.

Der Autor ist Präsident der Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin und Brandenburg (UVB) und leitet das Berliner Büro der Siemens AG.

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