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POSITION: Sparen? Mit Vernunft!

Staatliche Anreizprogramme bei der Energie sind keine verlorenen Subventionen

Es war einmal, vor gar nicht langer Zeit: Klimaschutz und Energiesparen standen politisch hoch im Kurs. Doch jetzt regiert der Rotstift und der kennt auch bei Zukunftsinvestitionen kein Pardon. Noch vor dem Griechenland-Rettungspaket hat das Bundesfinanzministerium die Axt bei zentralen Instrumenten zur Förderung der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien angelegt. Investitionszuschüsse für Solarwärmeanlagen, Holzpelletkessel und Wärmepumpen: auf Eis gelegt. Marktanreize für Mini-Blockheizkraftwerke (BHKW): gestoppt. Klimaschutzkonzepte für Kommunen: gestrichen.

Ein Rechenbeispiel zeigt, wie kontraproduktiv diese Kürzungen fiskalisch sind. Mit 27 Millionen Euro hat das Umweltministerium 2009 die Installation von knapp 4000 Mini-KWK-Anlagen gefördert. Das sind kleinste Blockheizkraftwerke, die vor Ort gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen und dadurch bis zu 40 Prozent Energie einsparen. Das gesamte Investitionsvolumen, aufgebracht von Gebäudeeigentümern, Anlagenbetreibern und der Industrie, betrug jedoch ein Vielfaches – rund 250 Millionen Euro. Allein die Mehrwertsteuereinnahmen auf diese Summe sind doppelt so hoch wie die staatliche Anschubfinanzierung. Selbst wenn nur die Hälfte der Investitionen auf das jetzt gestrichene Impulsprogramm zurückzuführen sind – eine wirtschaftspolitische Erfolgsstory ist es allemal.

Das Beispiel BHKW lässt sich nahtlos übertragen auf Sonnenkollektoren, Wärmepumpen, Gebäudedämmung und moderne Heizungstechnik. Die jetzt gestoppten Programme sicherten Handwerksbetrieben und mittelständischen Unternehmen wichtige Aufträge. Kein Wunder, dass Kommunal- und Landespolitiker aller Parteien den Kopf über das Berliner Streichkonzert schütteln. Neben den vielen positiven Auswirkungen ging von diesen maßvoll angelegten Förderprogrammen auch ein wichtiges politisches Signal aus: Deutschland bricht auf in eine nachhaltig effiziente Wirtschaft. Mehr als 400 Milliarden Euro Investitionen können nach einer Studie der Beratungsfima Roland Berger die von der Bundesregierung definierten CO2-Minderungsziele bis 2020 auslösen. Eine Million neue Arbeitsplätze könnten entstehen.

Vor dem Sparen kommt bekanntlich das Investieren. Staatliche Anreizprogramme sind daher keine verlorenen Subventionen. Im Gegenteil: Sie entlasten die öffentlichen und privaten Haushalte von morgen. Es profitieren die öffentliche Haushalte – allein das Land Berlin gibt jährlich rund 150 Millionen Euro für Energie aus – die Wirtschaft allgemein und der einzelne Bürger sowieso.

Noch ein Beispiel? Jeder kommunale Energiemanager, der mit Hilfe eines vom Bund geförderten kommunalen Klimaschutzkonzeptes eingestellt wird, spart bis zu 3,5 Mal mehr Energiekosten ein als seine Stelle inklusive Gehalt kostet. Um diese überzeugenden Effekte zu erzielen, sind Anreize notwendig – gerade in wirtschaftlich prekären Zeiten. Doch stattdessen würgt die Politik wichtige Impulsprogramme ab, streitet stattdessen über verlängerte Restlaufzeiten für Atommeiler und nimmt dafür die gesamte Green- Tech-Branche in Geiselhaft. Sparen? Ja bitte. Aber mit Verstand, Weitblick und finanzpolitischer Vernunft.

Geißler ist der Vorsitzende des Bundesverbandes der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands und Chef der Berliner Energieagentur. Diese wird getragen vom Land Berlin, der Gasag, Vattenfall und der KfW-Bankengruppe.

Michael Geißler

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