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Wirtschaft: Positionen: Private Vermittler sind keine Lösung für die Arbeitsmarkt-Misere

Sündenböcke sind gefragt. Sie sind vielfach verwendungsfähig, vor allem als Ablenkungsvehikel.

Sündenböcke sind gefragt. Sie sind vielfach verwendungsfähig, vor allem als Ablenkungsvehikel. Ein Sündenbock ist ein personifiziertes Alibi, das die Schwäche oder die Bequemlichkeit anderer verdeckt. Bernhard Jagoda soll jetzt als das Alibi für regierungsamtliches Versagen in Sachen Arbeitslosigkeit herhalten.

Schröder versprach zu Beginn seines Amtes, sich an der Reduzierung der Arbeitslosigkeit messen zu lassen. Dem Mann kann geholfen werden. Denn selbst wenn die Arbeitsvermittlung perfekt wäre, hätten wir immer noch Massenarbeitslosigkeit. Dennoch, die Arbeitsämter müssen besser werden und die Vermittlung effektivieren. Die Effektivität beginnt bei der Meldung der offenen Stellen. Wenn nur 30 Prozent der offenen Stellen dem Arbeitsamt gemeldet werden, können nicht 100 Prozent vermittelt werden.

Die private Arbeitsvermittlung kann ein Stachel im Fleisch der Mammutorganisation Bundesanstalt für Arbeit sein. Deshalb hat die Regierung Kohl sie gegen die Proteste der damaligen SPD-Opposition ins Vermittlungsgeschäft eingeschaltet. Aber eine Wunderwaffe gegen Arbeitslosigkeit ist auch die private Vermittlung nicht. Gerade einmal 130 000 Vermittlungen pro Jahr hat sie geschafft - und die schwer vermittelbaren Langzeitarbeitslosen schauten dabei in die Röhre. Sie sind kein rentables Geschäft für die privaten Vermittlungen. Sie kosten viel Zeit und Geld und bringen zu wenig Vermittlungsgebühr. Denn zwei bis drei Monatseinkommen des Vermittelten kostet schon die Vermittlung. Die privaten Vermittler sahnen die besser Qualifizierten ab. Der harte Kern der Arbeitslosen sind aber die Minderqualifizierten und die Ungelernten.

Wenn die privaten Vermittlungen an die Stelle des Arbeitsamtes treten sollten, stellt sich auch die Frage der Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik neu. Es geht nicht, dass die Beitragszahler der Arbeitslosenversicherung Fortbildung und Umschulung bezahlen und die private Arbeitsvermittlung die positiven Ergebnisse abschöpft. Dann müssen folgerichtig Fortbildung und Umschulung von den Steuerzahlern finanziert werden. Auch Zumutbarkeit und Aberkennung des Arbeitslosengeldes wegen Ablehnung des Vermittlungsangebotes müssten neu geregelt werden. Denn Private dürfen nicht über öffentliche Ansprüche entscheiden. Nicht nur die schwer Vermittelbaren, sondern auch die Arbeitgeber zahlen die Zeche, wenn private an die Stelle der Arbeitsämter treten. An Stelle der kostenlosen tritt dann die kostspielige Vermittlung.

Die Arbeitsämter müssen dennoch besser werden als sie sind. Die Musik spielt vor Ort. Die Arbeitsmarktverhältnisse in Frankfurt am Main sind anders als in Frankfurt an der Oder. Deshalb hat die Reform des Arbeitsförderungsgesetzes 1997 den Ämtern neue Spielräume eingeräumt. Bis zu zehn Prozent der Mittel für den Arbeitsmarkt können frei verfügt werden.

Doch die neuen Mittel wurden nicht ausgeschöpft. Es gibt für die Arbeitsämter keinen Grund, sich auf Lorbeeren auszuruhen, aber auch keinen Anlass, in Sack und Asche zu gehen. In den Ämtern gibt es - Gott sei Dank - noch viel soziales Engagement. Dies anzuerkennen ist eine wichtige Bedeutung der Motivation der Mitarbeiter der Bundesanstalt für Arbeit.

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