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Preisanstieg: Gefühlt oder gerechnet

Wie die Statistiker den Preisanstieg messen.

Wer ein Auto hat, ärgert sich regelmäßig über die hohen Preise an der Zapfsäule. Um 20,4 Prozent hat sich der Dieselkraftstoff im Februar gegenüber dem letzten Jahr verteuert, beim Superbenzin waren es 9,2 Prozent. Auch im Supermarkt scheinen die Preise zu explodieren. Die Obstpreise stiegen fast um 15 Prozent, Butter verteuerte sich um 16 Prozent, Kaffee um neun Prozent. Angesichts dessen scheint eine Inflationsrate von 2,1 Prozent, wie sie das Statistische Bundesamt im Februar gemessen hat, noch harmlos. Wie entsteht dieser Wert?

Rund 700 Produkte umfasst der Warenkorb, mit dem die Statistiker jeden Monat die Preissteigerung messen. Um festzustellen, was der deutsche Durchschnittsbürger für sein Leben braucht, führen rund 2000 Haushalte regelmäßig Buch über ihre Ausgaben. Zusätzlich macht das Statistische Bundesamt alle fünf Jahre eine Stichprobe in rund 60 000 Haushalten. Danach wird der Warenkorb angepasst. Beim letzten Mal flogen zum Beispiel die Kassettenspieler raus, hinzu kamen die Espresso-Maschine und die Flatrate.

Rund 560 Preisermittler gehen jeden Monat in Drogerien, Supermärkte oder Tankstellen und notieren die Preise für die gelisteten Produkte. Daraus wird dann die Teuerung berechnet. Das Basisjahr ist 2005. Nicht alle Waren fließen zu gleichen Teilen in die Inflationsrate mit ein. So wird die Miete bei der Berechnung höher gewichtet als ein neues Auto, weil sie einen größeren Teil des Einkommens verschluckt. An diesem Beispiel zeigt sich, dass die Inflation die Bürger unterschiedlich stark trifft: Wer sich kein Auto leisten kann, profitiert auch nicht davon, wenn Neuwagen günstiger werden. An teureren Lebensmitteln aber kommt er nicht vorbei.

„Die Verbraucher nehmen gestiegene Preise bei Gütern, die sie täglich kaufen, stärker wahr“, sagt Andreas Rees, Chefvolkswirt der Bank Unicredit. An der Supermarktkasse spüren die Kunden förmlich, dass sie immer mehr Geld für dieselben Waren in die Hand nehmen müssen. Dass sich Fernseher im letzten Jahr um 17 Prozent verbilligt haben und Digitalkameras fünf Prozent günstiger geworden sind, interessiert die Menschen wenig, wenn sie nicht planen, sich ein neues Gerät anzuschaffen.

Die Volkswirte der Unicredit ziehen für ihre Konjunkturprognosen darum lieber die gefühlte Inflation heran: „Das ist ein besseres Maß für die Frage, wie sich die Verbraucher verhalten werden“, sagt Andreas Rees. Um die gefühlte Inflation zu messen, erstellt die Unicredit ihren eigenen Warenkorb und füllt ihn mit Produkten, die der Kunde häufig kauft. Dazu gehören Obst, Gemüse, Brot und Sprit. Nach den Berechnungen der Unicredit liegt die gefühlte Inflation derzeit schon bei 3,5 Prozent. Rees ist sicher, dass sie noch weiter steigen wird, weil Lebensmittel und Energie immer teurer werden. „Die Preise an den Rohstoffmärkten sind im vergangenen Jahr explodiert. Das ist bei uns noch gar nicht angekommen.“ mirs

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