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Bedürfnisse unter der Lupe. In Modellfilialen von Edeka gibt es für Senioren akustische Waagen, Ruhezonen, behindertengerechte Einkaufswagen und andere Hilfen. Foto: ddp

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Wirtschaft: Preise groß geschrieben

Berlin - Während Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) von Fotografen umringt das Kaufhaus verlässt, steht unweit entfernt eine alte Dame vor einem Regal mit Ostersüßigkeiten. Mit einer Hand hält sie sich den Boden einer Schachtel Pralinen ganz nah vor die Augen, um die Zutatenliste zu studieren.

Von Anna Sauerbrey

Berlin - Während Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) von Fotografen umringt das Kaufhaus verlässt, steht unweit entfernt eine alte Dame vor einem Regal mit Ostersüßigkeiten. Mit einer Hand hält sie sich den Boden einer Schachtel Pralinen ganz nah vor die Augen, um die Zutatenliste zu studieren. Dafür, dass die Hersteller Zutaten oder Kalorienangaben gern in Schriftgrößen aufdrucken, die selbst jüngere Menschen kaum entziffern, kann der Einzelhandel nichts. Doch auch Kaufhäuser und Läden können älteren Kunden und Menschen mit Kinderwagen das Einkaufen erleichtern. Wo Familien und Senioren komfortabel einkaufen können, soll nun das Sigel „Generationenfreundlich“ stehen, das der Handelsverband Deutschland (HDE) und die Familienministerin am Donnerstag in Berlin vorgestellt haben.

Als erstes Geschäft wurde die Galeria Kaufhof am Alexanderplatz ausgezeichnet. Zumindest Handelsverbandspräsident Josef Sanktjohanser ist zuversichtlich, dass das Siegel Breitenwirkung entfalten wird. „Nach und nach werden wir das Signet an immer mehr Geschäften finden“, sagte er. Beantragen können Händler das Signet, eine Einkaufstasche mit Rollen auf orangefarbenem Grund, bei den regionalen Einzelhandelsverbänden. Unabhängige Teams von Testern sollen geschaffen werden, die bei den Kommunen angesiedelt sind. In Berlin gibt es ein solches Team allerdings noch nicht – die Galeria wurde von Mitarbeitern des HDE und des Familienministeriums getestet.

Überprüft werden 58 Punkte, davon gelten 18 als Ausschlusskriterien. Diese beziehen sich vor allem auf die Barrierefreiheit. Wer keine selbst öffnenden Türen hat, keinen ebenerdigen Eingang oder keine ausreichend breiten Gänge, kann das Siegel nicht erhalten. Darüber hinaus wird eine Reihe von Details geprüft: Der Boden sollte rutschfest sein, die Umkleidekabinen Haltegriffe haben und Preise in großer Schrift geschrieben sein. Sitzgelegenheiten sind erwünscht.

Die K.o.-Kriterien entsprechen den Maßstäben für Barrierefreiheit des Berliner Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung. Gerd Grenner, Mitarbeiter des Landesbeauftragten, begrüßte am Donnerstag grundsätzlich die Einführung des Siegels. Der Landesbeauftragte vergibt selbst das Signet „Berlin Barrierefrei“, das bereits 116 Einzelhandelsgeschäfte und 56 Apotheken erhalten haben. „Es gibt aber immer noch relativ wenige Geschäfte mit automatischen Türen. Das ist ein großes Handicap für Rollstuhlfahrer oder Menschen mit Rollator“, sagte Grenner.

Doch die Einzelhändler denken um. Kaisers-Supermärkte in Berlin haben Einkaufswagen mit Lupen ausgestattet. Auch bei der Rewe-Gruppe wird seit 2006 im Baukonzept die Barrierefreiheit berücksichtigt. Das hat handfeste ökonomische Gründe, wie auch Lovro Mandac, Vorsitzender der Geschäftsführung der Galeria Kaufhof GmbH, betonte. „Unter älteren Menschen gibt es ganz neue Käuferschichten“, sagte er. Schon heute stehen die über 60-Jährigen für eine Kaufkraft von 316 Milliarden Euro, eine Summe, die nach einer Berechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung bis zum Jahr 2030 auf 413 Milliarden Euro steigen wird. Auch Familienministerin Schröder ist sich sicher: „Senioren werden mehr und mehr zu einer prägenden Zielgruppe werden.“

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