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Frauenpower. Berlins Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz (rechts) hat am Samstag die Finalistinnen des Wettbewerbs „Berliner Unternehmerin des Jahres 2012/13“ ausgezeichnet: Barbara Jaeschke, Brigitte Groß und Katrin Rohnstock (von links).

© DAVIDS

Preisträgerinnen: Die Mutmacherinnen

Brigitte Groß ist Berlins Unternehmerin des Jahres. Sie hat sich in einer Männerdomäne behauptet.

Von Carla Neuhaus

Berlin - Wie eine Hantel stemmt Brigitte Groß den grau-schwarzen Pokal in die Höhe und lacht in die Kamera. Dabei steht die schmale Berlinerin mit den kurzen, dunklen Haaren eigentlich ungern im Rampenlicht. So sagt sie dann auch: „Der Preis ist vor allem eine Anerkennung für meine Mitarbeiter.“ Dennoch, Samstag war ihr Tag: Brigitte Groß ist „Berlins Unternehmerin des Jahres 2012/13“. Zum fünften Mal ist diese Auszeichnung am Samstag auf dem Berliner Unternehmerinnentag von der Investitionsbank Berlin (IBB) und den beiden Senatsverwaltungen für Wirtschaft und Arbeit vergeben worden.

Zur Unternehmerin ist Groß 1990 aus der Not heraus geworden. Die Diplomvolkswirtin stand mit 40 Jahren ohne Job da: Zwar schrieb sie damals stapelweise Bewerbungen, bekam aber ebenso viele Absagen. „Dann habe ich einfach mein Schicksal selbst in die Hand genommen und mir meinen Arbeitsplatz selbst geschaffen“, sagt Groß. Sie gründete damals Alpha-Board – eine Firma, die Leiterplatten etwa für die Medizintechnik oder die Luft- und Raumfahrt konstruiert. Diese Elektronikteile landen zum Beispiel in Kunstherzen, Satelliten oder Flugzeugen. Kennengelernt hatte Groß die Bauteile bereits während einer früheren Tätigkeit beim Ostberliner Institut für Regelungstechnik.

„Brigitte Groß ist in mehrfacher Hinsicht ein Vorbild“, sagte Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz, die den Preis überreichte. Groß sei in einem Moment ihres Lebens, in dem nicht alles so klappte wie es sollte, über sich selbst hinausgewachsen. Auch habe sie als Unternehmerin strategische Weitsicht bewiesen und ein Familienunternehmen aufgebaut, das heute 26 Angestellte beschäftige. Ihr Sohn ist mittlerweile auch in die Firma eingestiegen, er soll die Geschäfte einmal übernehmen.

Ausgezeichnet wurden am Samstag auch Barbara Jaeschke und Katrin Rohnstock, die bei dem Wettbewerb den zweiten und dritten Platz belegten. Jaeschke, die das GLS Sprachenzentrum in Prenzlauer Berg betreibt, riet den Unternehmerinnen im Publikum vor allem eins: „Sie müssen Biss haben“, sagte sie. Sie selbst sei sich oft wie ein Terrier vorgekommen, der sich in einem Hosenbein festgebissen haben. Fast 200 Mitarbeiter arbeiten heute für sie. Ihren eigenen Erfolg beschreibt sie so: „Man darf sich nie ausruhen. Wer heute stehen bleibt, ist morgen weg vom Fenster.“

Katrin Rohnstock, die den dritten Platz machte, sagte, die Auszeichnung sei eine hohe Wertschätzung ihrer Arbeit. Die studierte Germanistin schreibt seit 14 Jahren die Biografien nichtprominenter Menschen auf. „Am Anfang haben mir alle gesagt: Das ist eine wunderbare Idee – aber du wirst damit nur arm werden, dafür will doch keiner bezahlen“, erzählt sie. Mittlerweile beschäftigt sie 26 Mitarbeiter und hat über 200 Bücher veröffentlicht.

Immer wieder betonten die Laudatoren am Samstag den Vorbildcharakter dieser drei Berlinerinnen. „Sie haben eine Idee gehabt und sind dann drangeblieben“, sagte Senatorin von Obernitz. „Die drei können anderen Frauen nur Mut machen.“ 

Derzeit sind 35 Prozent der Berliner Selbstständigen Frauen. Das sei schon ein recht guter Wert, sagte Beatrice Kramm, Vizepräsidentin der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK). Sie mahnte aber an: „Dauerhaft können die deutschen Führungsetagen nicht auf 50 Prozent der Intelligenz verzichten.“ Frauen brächten oft andere Qualitäten mit als Männer, bestätigte auch Ulrich Kissing, Vorstandschef der IBB. „Sie sind realistischer und wägen mehr ab“, sagte er. Das mache sich zum Beispiel auch bei der Kreditvergabe bemerkbar. So seien Frauen zurückhaltender, was die Höhe des Kreditvolumens angehe. Und sie würden seltener pleitegehen.

Dafür müssen sie sich oft in einer Männerdomäne behaupten – so wie auch Preisträgerin Brigitte Groß: „Ich hatte in den letzten 22 Jahren Geschäftstätigkeit mit weniger als fünf weiblichen Führungskräften zu tun“, erzählt sie. Gerade in technischen Berufen seien Frauen, noch dazu in Führungspositionen, weit unterrepräsentiert. Ihre Entscheidung, ein eigenes Unternehmen zu gründen, hat sie dennoch nie bereut. „Es gibt mir einfach die Möglichkeit, eigenverantwortlich, kreativ zu arbeiten“, sagt die 63-Jährige. „Ich würde mich immer wieder selbstständig machen.“

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