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Wirtschaft: Pro Sieben Sat 1 belastet Haffa-Brüder schwer

Vorstandschef Urs Rohner: Umstrittenes Trickfilm-Geschäft kam nicht zustande/Ex-Finanzchef sagt aus

München (nad). Auch am siebten Prozesstag im Strafverfahren gegen die EM.TVGründer Thomas und Florian Haffa konnten sich die Angeklagten nicht entspannen. Der Vorstandschef der Fernseh-Gruppe ProSiebenSat1, Urs Rohner, und sein Programmvorstand Ludwig Bauer belasteten das Brüderpaar am Montag mit ihren Zeugenaussagen in einer zentralen Frage schwer. Rohner und Bauer erklärten übereinstimmend, ein konkreter Vertrag über den Kauf der Kult-Zeichentrickserie „Die Simpsons" zwischen EM.TV und Pro Sieben im Herbst 2000 sei nie zustande gekommen.

Mit diesem Abkommen, das nach Angaben der Haffas im Herbst mündlich geschlossen worden war, wollten die Brüder ihre hohen, für das Jahr 2000 in Aussicht gestellten Gewinnprognosen erreichen. Statt eines dreistelligen Millionengewinns musste das Unternehmen schließlich einen Milliardenverlust ausweisen. Die Münchner Staatsanwaltschaft wirft den Haffas unter anderem vor, die Verkaufssumme der Serien-Episoden von 128 Millionen Euro in die Gewinnprognose für das Jahr 2000 eingerechnet zu haben, ohne dass es einen Vertragsabschluss gegeben habe. Damit hätten sie den Aktienkurs in die Höhe getrieben und ihre Aktionäre getäuscht.

Rohner bestätigte vor dem Münchner Landgericht zwar, dass es im September und Oktober 2000 insgesamt drei Gespräche mit Haffa über einen möglichen Kauf von 250 Folgen der „Simpsons" gegeben habe: ein Telefonat, ein Treffen auf Haffas Yacht während der Filmfestspiele in Cannes und ein Treffen in München. „Wir haben aber relativ schnell gesehen, dass der Deal in dieser Form für uns kein gangbarer Weg ist“, sagte Rohner. Die veranschlagten Kosten von 50000 Euro pro „Simpsons“-Episode und die lange Laufzeit von zehn Jahren habe das Geschäft für Pro Sieben unmöglich gemacht. Pro Sieben sei nur bereit gewesen, die Hälfte davon zu zahlen.

Rohner sagte allerdings, die Stimmung bei dem letzten Gespräch im Oktober sei so gewesen, „dass ein Deal in der Zukunft nicht ausgeschlossen gewesen wäre“. Es habe aber für Pro Sieben Sat 1 „nicht so wahnsinnig gedrängt“. Der ehemalige EM.TV-Vorstandschef Thomas Haffa und sein Bruder Florian, der damals als Finanzvorstand fungierte, hatten dagegen behauptet, Rohner habe bereits bei dem Telefonat Ende September den Abschluss des Geschäfts mündlich bestätigt. In Cannes habe man dann auf den Vertrag angestoßen. Rohner zufolge hat es sich in Cannes auf der Yacht um ein „soziales Event“ gehandelt, bei dem keine Geschäftsabschlüsse getroffen worden seien. Rohner sorgte für Heiterkeit im Gerichtssaal, als er auf mehrfaches Nachfragen von Florian Haffas Anwalt Sven Thomas beteuerte, es sei auf der Yacht mit Sicherheit zu keinem Abschluss gekommen. „So viel Gin Tonic habe ich dann doch nicht getrunken, dass ich nicht mehr wusste, was ich gemacht habe“, sagte er.

Auch Pro Sieben Sat 1-Programmvorstand Ludwig Bauer entlastete die Haffas nicht. Er bestätigte, dass bei dem Treffen im Oktober in München, an dem Thomas Haffa, Rohner und er teilgenommen hätten, keine Einigung über einen Vertrag zustande gekommen sei. Außerdem sei es bei Pro Sieben Sat 1 nicht üblich, Verträge mündlich abzumachen. „Als börsennotiertes Unternehmen müssen wir Verträge in einer solchen Größenordnung vorbereiten“, sagte Bauer. Auch Leo Kirch hatte ein Zustandekommen des Simpson- Deals verneint. EM.TV hätte ursprünglich als Zwischenhändler zwischen Kirch und Pro Sieben Sat 1 fungieren sollen. Ein schwerer Tag steht den Haffa-Brüdern auch an diesem Dienstag bevor. Dann sagt der ehemalige EM.TV-Finanzchef Ulrich Göbel aus, der als Hauptbelastungszeuge gilt.

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