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Profis am Steuerrecht gescheitert: Verbraucherzentrale Berlin hat Finanzproblem

Das komplizierte deutsche Steuerrecht überfordert sogar die Berliner Verbraucherzentrale: Wegen falscher Umsatzsteuerberechnungen fehlt dem Verein jetzt ein sechsstelliger Betrag.

Berlin - „Wir wissen noch nicht genau, wer was falsch gemacht hat“, sagte Geschäftsführer Peter Lischke am Freitag. Allerdings ist die langjährige Chefin Gabriele Francke bereits entlassen worden. Sie war bis Ende 2009 alleinige Geschäftsführerin des Vereins und gilt insofern als Verantwortliche für die Fehler. Nach bisherigen Erkenntnissen hat die Verbraucherzentrale wohl über Jahre zu viel Umsatzsteuer überwiesen – ob ans Finanzamt, ans Land oder an jemanden ganz anderes, soll nun mit Unterstützung eines Wirtschaftsprüfers ermittelt werden.

Strafrechtlich relevante Verfehlungen oder gar eine persönliche Bereicherung schließt die Verbraucherzentrale zwar ausdrücklich aus, aber die Panne könnte im schlimmsten Fall die Existenz der Einrichtung in Berlin bedrohen, falls der Senat den Geldhahn zudreht. „Unsere Zuwendung ist zweckgebunden an den Betrieb der Verbraucherzentrale“, sagte Verbraucherschutzsenatorin Katrin Lompscher (Linke) dem Tagesspiegel. „Wenn der nicht aufrechterhalten werden kann, fehlt auch die Grundlage für die Zuwendung.“ Auch deshalb betont Lischke, dass die Probleme möglichst schnell behoben werden sollen. Ein Zuwendungsstopp „wäre das Äußerste“; akute Insolvenzgefahr sehe er nicht.

Die als eingetragener Verein organisierte Zentrale mit 36 festen und elf freien Mitarbeitern erhält einen Großteil ihres Budgets vom Land; 2009 rund 718 000 Euro. Außerdem kassierte der Verein nach eigener Auskunft 262 000 Euro aus Abmahngebühren und Vertragsstrafen gegen Unternehmen sowie 229 000 Euro aus Veranstaltungen und Veröffentlichungen. Weiteres Geld brachten die rund 7000 Bürgerberatungen am Telefon und die 50 000 in den Büros am Hardenbergplatz neben dem Bahnhof Zoo.

Dort soll der Betrieb unverändert weitergehen. „Es muss sich niemand um unser Beratungsangebot sorgen“, sagte Lischke. Nach Auskunft einer Sprecherin sollen zwar einige Beratungsleistungen“ geringfügig teurer werden, aber das sei ohnehin geplant gewesen. Bisher nimmt die Verbraucherzentrale üblicherweise 15 Euro für eine persönliche Beratung. Sonderthemen wie Finanz- und Anlageberatungen sind mit maximal 100 Euro teurer. Anrufe kosten 1,86 Euro pro Minute.

Die Berliner CDU monierte, dass die Senatsverwaltung seit Wochen von dem Defizit wusste, aber nicht eingeschritten sei. Senatorin Lompscher betonte allerdings, dass die Verbraucherzentrale das Problem selbst beheben müsse. Sie hoffe auf baldige Klarheit, denn „dass wir die fachliche Arbeit der Zentrale schätzen, ist unbestritten“. Stefan Jacobs

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