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Prognose: Wachstum: Brüderle legt nach

Die Bundesregierung korrigiert ihre Wachstumsprognose auf 1,4 Prozent nach oben. Trotzdem soll es mehr Arbeitslose geben.

Berlin - Wirklich festgenagelt werden will er nicht. Das verrät die Wortwahl. Als „vorsichtig optimistisch“ beschreibt Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) die jetzt nach oben korrigierte Wachstumsprognose der Bundesregierung. Laut dem von ihm am Mittwoch vorgestellten Jahreswirtschaftsbericht soll das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr nun um 1,4 Prozent anziehen. Zuvor war lediglich von 1,2 Prozent die Rede gewesen. 2009 noch war die deutsche Wirtschaft krisenbedingt um fünf Prozent eingebrochen und damit so stark geschrumpft wie noch nie seit Bestehen der Bundesrepublik.

Brüderles Optimismus speist sich aus aktuellen Konjunkturindikatoren. Die sind „in der Tendenz aufwärts gerichtet“, erklärte der Minister. Weil die Weltwirtschaft anzieht, erwartet er, dass die stark vom Export abhängige deutsche Wirtschaft mitwächst. Um fünf Prozent sollen der deutsche Export im Jahresdurchschnitt zulegen. Gleichzeitig jedoch würde hierzulande deutlich weniger produziert als theoretisch möglich. Deshalb die Vorsicht. Die Unsicherheit, ob es 2010 also wirklich kommt wie verkündet, bezeichnete Brüderle als dementsprechend hoch. Klar sei aber, dass sich die Regierung ab 2011 mit einem strengen Sparkurs an die Sanierung des Staatshaushalts machen will.

Die leicht verbesserte Prognose trage dem „zuletzt klar erkennbaren wirtschaftlichen Aufwind Rechnung“, sagte der Minister. Der Internationale Währungsfonds geht von einem Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent in diesem Jahr aus. Schlechte Nachrichten hatte der Minister hingegen für den Arbeitsmarkt: „Horrorszenarien werden ausbleiben“, versprach Brüderle zwar. Trotzdem seien viele Unternehmen gezwungen, in naher Zukunft Mitarbeiter zu entlassen. 2010 werde es rund 320 000 Arbeitslose mehr und damit insgesamt 3,77 Millionen Menschen ohne Job geben. Das wäre ein Anstieg der Quote von 8,2 auf 8,9 Prozent. Zum Jahresauftakt gab es hierzulande laut einer Umfrage unter Bankenvolkswirten 3,63 Millionen Arbeitslose. Die Bundesagentur für Arbeit legt ihre Zahlen am heutigen Donnerstag vor.

Auch der Ausblick auf die Kauflaune der Bürger fällt düster aus. „Der private Konsum wird 2010 leider keinen Beitrag zum Wachstum leisten“, erklärte Brüderle. Er erwartet ein Minus von 0,5 Prozent. Im vergangenen Jahr habe die Abwrackprämie eine „vorgezogene Nachfrage“ erzeugt. Die fehle jetzt. Außerdem hätten die steigenden Ölpreise einen dämpfenden Effekt – weil sie das Leben teurer machen und dann für andere Ausgaben kein Geld mehr übrig ist.

Von den Gewerkschaften erntete Brüderle für seinen Ausblick heftige Kritik. Als „Halbwahrheiten“ und „Zweckoptimismus“ beschimpfte der Deutsche Gewerkschaftsbund den Jahreswirtschaftsbericht. Die These, dass Bruttolöhne steigen werden, sei eine kühne Behauptung ohne Grundlage. Außerdem würden viele Bürger gar nicht von den im Wirtschaftsbericht nochmals bekräftigten Steuerentlastungen profitieren. Die Linke warf Brüderle vor, er betrüge die Bevölkerung. In der Wirtschaft hingegen wurde der Bericht positiv aufgenommen. Die Verbände BDI und BDA nannten die Wachstumsprognose allerdings „vergleichsweise zurückhaltend“. In der Tat erwarten zahlreiche Wirtschaftsinstitute für 2010 ein deutlich höheres Wachstum. Moritz Honert

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