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Eine Barkassen-Demo im Hamburger Hafen gehört zu den Herbstaktivitäten gegen die Sparpolitik der Bundesregierung. Foto: dpa

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Proteste geplant: IG Metall: Aufschwung trotz Brüderle

Bloß nicht in Sicherheit wiegen: Die Gewerkschaften mobilisieren ihre Mitglieder gegen die Bundesregierung. Die habe nichts aus der Krise gelernt,

Berlin - Die IG Metall will ihre 2,3 Millionen Mitglieder gegen die Politik der Bundesregierung mobilisieren. Allein mit 2200 Informations- und Protestaktionen in den Betrieben möchte die größte deutsche Gewerkschaft 1,5 Millionen Arbeitnehmer erreichen. Anlass der Aktionen ist das Unbehagen über die Konsequenzen aus der Finanz- und Wirtschaftskrise. IG-Metall-Chef Berthold Huber fasste am Montag bei der Vorstellung der Herbstaktivitäten seiner Organisation „die aktuelle Situation wie folgt zusammen: Krise scheinbar überstanden und nichts dazugelernt“.

Unter dem Stichwort „Kurswechsel für ein gutes Leben“ wirbt die IG Metall für eine Regulierung des Finanzsektors, höhere Steuern für höhere Einkommen und Maßnahmen gegen die Ausweitung des Niedriglohnsektors. Verdi, mit rund 2,1 Millionen Mitgliedern zweitgrößte Gewerkschaft, stellt ihre Herbstaktionen unter das Motto „Gerecht geht anders“. Auch die Dienstleistungsgewerkschaft setzt auf Veranstaltungen in Betrieben und Verwaltungen.

Die Wirksamkeit von Großdemonstrationen wird offenbar von den Gewerkschaften in Zweifel gezogen. Huber sagte am Montag, die IG Metall protestiere „vielleicht etwas weniger lautstark und spektakulär als in anderen Ländern, aber dafür erreichen wir etwas“. Konkret nannte Huber die Krisenbewältigung hierzulande, bei der sich „ein wirtschafts- und finanzpolitisch aktiver Sozialstaat als erfolgreich erwiesen hat“. Der aktuelle Aufschwung sei das Ergebnis „klassischer staatlicher Intervention“ mit den Instrumenten Kurzarbeitergeld, Konjunkturprogramme und Abwrackprämie. Schließlich hätten die Arbeitnehmer die Krisenlasten geschultert. Der Aufschwung sei „eindeutig nicht die Leistung des Wirtschaftsministers“, sagte Huber mit Blick auf Rainer Brüderle (FDP), der mit „Parolen wie ,Aufschwung XL’ und ,Autobahn zur Vollbeschäftigung’ die Menschen zu blenden versucht“. Die FDP und vor allem Brüderle selbst hätten „fast jede Maßnahme der Krisenintervention bekämpft“, sagte Huber.

Der Gewerkschafter gab sich skeptisch, was die weitere Wirtschaftsentwicklung anbelangt. Vor allem im Finanzsektor seien die Risiken „noch immer nicht gebändigt“. Den europäischen Staats- und Regierungschefs, die vergangene Woche über die Euroschwäche debattiert hatten, warf er „Versagen“ vor: „Sie wollen den Staaten Zügel anlegen, dabei waren es unkontrollierte Finanzmärkte, die die große Wirtschaftskrise ausgelöst haben.“ Bislang gäbe es weder eine Finanztransaktionssteuer, noch eine öffentliche Rating-Agentur und Hedge- Fonds würden auch nicht reguliert.

Schließlich warf Huber den Arbeitgebern und der Politik eine weitere „Prekarisierung“ der Gesellschaft vor. Nach jüngsten Erhebungen der IG Metall entfallen derzeit 43 Prozent aller Neueinstellungen auf Leiharbeit, 42 Prozent sind befristet und nur 15 Prozent bekommen eine reguläre Anstellung. In dieser Kulisse klinge der Ruf nach höheren Löhnen aus der Politik hohl. „Das eigentliche Problem sind nicht die tariflich regulierten Bereiche, sondern der Niedriglohnsektor mit fast sieben Millionen Beschäftigten“, sagte Huber.

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