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Bundesaußenminister Guido Westerwelle besuchte im Oktober 2012 das BMW-Fertigungswerk in Shenyang.

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Provinz Liaoning: Eine neue Boomregion

Erfolgreicher Strukturwandel: Die ehemaligen Kohle- und Stahlstandorte im Nordosten ziehen viele internationale Konzerne an.

So einen BMW hatte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle noch nie gesehen. „Das ist ein 5er in der Langversion“, erklärt Werksleiter Knudt Flor seinem prominenten Gast. „Er hat ein erweitertes Platzangebot in der hinteren Sitzreihe. Den gibt es nicht in Deutschland.“ Westerwelle blickt etwas ungläubig und fragt nach: „Den gibt es nicht in Deutschland?“ Richtig, bestätigt der Werksleiter. Genauso wie dieses Werk, das als das weltweit fortschrittlichste und nachhaltigste der BMW-Gruppe gilt, nicht in Deutschland steht. Sondern in Shenyang, in Nordostchina.

„Alles, was wir in den vergangenen Jahrzehnten über Automobilbau gelernt haben, ist in diesem Werk untergebracht“, sagt Knudt Flor anlässlich des Besuchs des deutschen Außenministers in seinem Werk Anfang Oktober. Es ist alles andere als ein Zufall, dass sich BMW Shenyang in der Provinz Liaoning als Standort für sein im Mai eröffnetes Werk ausgesucht hat. Die drei nordöstlichen chinesischen Provinzen Liaoning, Jilin und Heilongjiang gelten gemeinsam mit der Bohai-Wirtschaftsregion bei Tianjin als neue Boomregion Chinas. Zahlreiche deutsche Firmen sind in dieser Region vertreten. Auch deshalb hat die Bundesregierung im Oktober in Shenyang ein neues Konsulat eröffnet.

Im Oktober ließen sich Bundesaußenminister Guido Westerwelle (3.v.r., FDP) und BMW-Vorstand Frank-Peter Arndt (r) vom Werksleiter Knudt Flor (l) das Werk und die Fertigung in Shenyang anhand eines Models erklären. Der Minister war auf einer dreitägigen Reise in der Region unterwegs.
Im Oktober ließen sich Bundesaußenminister Guido Westerwelle (3.v.r., FDP) und BMW-Vorstand Frank-Peter Arndt (r) vom Werksleiter Knudt Flor (l) das Werk und die Fertigung in Shenyang anhand eines Models erklären. Der Minister war auf einer dreitägigen Reise in der Region unterwegs.

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Chinas drei Nordostprovinzen galten lange als „Rust Belt“ des Landes, als Zentrum der Schwerindustrie. Hier lag bis in die 80er Jahre der wirtschaftliche Schwerpunkt des Landes, doch mit Deng Xiaopings Marktöffnungspolitik verschob er sich in die südlichen Küstenprovinzen. Im Perlflussdelta und in der Region um Schanghai wird nun die größte Wirtschaftsleistung des Landes erbracht. Doch seit Chinas Regierung 2003 ein Programm zur Wiederbelebung der Nordostregionen aufgelegt hat, erleben die drei Provinzen einen Strukturwandel.

Besonders erfolgreich ist dabei Liaoning. Seit 2001 hat sich die Wirtschaftsleistung der Provinz vervierfacht, mit einer jährlichen Wachstumsrate von durchschnittlich zwölf Prozent. Inzwischen hat Liaoning den Großraum Schanghai im Bruttoinlandsprodukt überholt. Der erfolgreiche Strukturwandel ist in dieser Provinz besonders gut sichtbar: Sie hat sich vom ehemaligen Kohle- und Stahlstandort zu einem industriellen und logistischen Knotenpunkt in Chinas Norden entwickelt. Internationale Firmen wie GM, Toshiba, Nokia, ABB und Panasonic haben sich dort angesiedelt.

Auch die Provinzhauptstadt Shenyang wandelt sich rasant. Für die Ausrichtung der National Games in diesem Jahr, die nationale Version der Olympischen Spiele, werden riesige Summen in die Stadt mit 7,2 Millionen Einwohnern investiert. Der Flughafen wird erweitert, ein U-Bahn-System gebaut, das Stadtzentrum umgestaltet. Inzwischen gilt die Stadt sogar als aussichtsreicher Kandidat, nach Peking, Tianjin, Schanghai und Chongqing verwaltungstechnisch in den Rang einer regierungsnahen Stadt erhoben zu werden.

"BMW ist in China eine Erfolgsstory", sagt ein Manager des Konzerns.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (l) besuchte im Oktober 2012 das BMW-Fertigungswerk in Shenyang.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (l) besuchte im Oktober 2012 das BMW-Fertigungswerk in Shenyang.

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Für BMW hat sich der Gang nach Shenyang gelohnt. 2004 eröffnete der Autobauer mit dem chinesischen Partner Brilliance in Dadong bei Shenyang das erste Werk. „BMW ist in China eine Erfolgsstory“, sagt Joint-Venture-Chef Olaf Kastner. „Wir haben im Jahr 2011 mehr als 230 000 Autos verkauft, davon sind 110 000 aus dem Joint Venture gekommen.“ Und die Prognosen stehen gut. „Wir sind sehr positiv gegenüber China eingestellt“, sagt Werksleiter Flor, „vor dem Hintergrund, dass in China der Mittelstand sehr stark wächst und der Premiumanteil am Gesamtmarkt noch nicht so groß ist wie in anderen Ländern.“

Seit November verlässt täglich ein Containerzug mit Autoteilen den Leipziger Umschlagbahnhof Wahren. Er fährt 11 000 Kilometer in 23 Tagen über Polen, Weißrussland, Russland und überquert in Manzhouli die Grenze nach China. Dann ist es nicht mehr weit bis zum BMW-Werk in Shenyang, Nordostchina.

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