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Prozess: Richter dämpft Hoffnung der Telekom-Kläger

Auf einen schwierigen Prozess hatten sich die Kleinaktionäre, die gegen die Telekom klagen, ohnehin eingerichtet. Doch einen wesentlichen Punkt ihrer Argumentation bezweifelt das Gericht schon am zweiten Verhandlungstag. Dennoch geben sich die Klägeranwälte optimistisch.

Rückschlag für die klagenden Kleinaktionäre der Deutschen Telekom: Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hält die umstrittene Gruppenbewertung der Telekom-Immobilien bislang für rechtens. Nach vorläufiger Einschätzung ist an der Gruppenbewertung - im Fachjargon: Cluster - eines großen Teils der Immobilien nichts auszusetzen, wie der Vorsitzende Richter Christian Dittrich sagte. Die nachträglichen Abschreibungen von rund 2,5 Milliarden Euro auf den Immobilienbesitz sind neben dem Erwerb des US-Mobilfunkanbieters Voice-Stream die Hauptkritikpunkte der klagenden Aktionäre. Das Gericht gehe bislang von einer Fehlbewertung der Grundstücke um etwa zwölf Prozent aus, was völlig im Rahmen liege. Es sei fraglich, ob eine Einzelbewertung der Immobilien ein genaueres Ergebnis gebracht hätte, sagte Dittrich am zweiten Tag des Musterprozesses. Dennoch hätte die Telekom im Prospekt zur Platzierung der dritten Aktien-Tranche darauf hinweisen müssen, dass die unübliche Gruppenbewertung bestimmte Auswirkungen haben könnte.

Insoweit liegt nach Einschätzung der OLG-Richter ein Prospektfehler vor. Dieser sei aber möglicherweise nicht wesentlich.

16.000 Anleger gegen die Telekom

In erster Instanz hatte das Landgericht Frankfurt am Main noch harsche Kritik an dem Clusterverfahren geübt. Allerdings überließen es die Richter den Klägern, den Umfang der Fehlbewertungen zu ermitteln. Dafür ist nach Einschätzung der Justiz ein umfangreiches Gutachten notwendig, das rund 17 Millionen Euro kosten könnte.

In dem Prozess verlangen über 16.000 Anleger zusammen rund 80 Millionen Euro Schadensersatz für erlittene Kursverluste von der Telekom. Der Wert der Papiere ist seit ihrer Ausgabe im Jahr 2000 auf etwa ein Sechstel geschrumpft. Eine der Ursachen liegt nach Ansicht der Kläger in der Überbewertung des Immobilienbesitzes der Telekom im Börsenprospekt. Sie fühlen sich von dem früheren Staatsunternehmen getäuscht.

"Fall ist noch nicht verloren"

Zur Eröffnungsbilanz der Deutschen Telekom im Jahr 1996 waren nach früheren Angaben rund 53 Prozent des damals auf 35 Milliarden Mark angesetzten Immobilienvermögens in Gruppen zusammengefasst worden. Die Buchwerte bildeten eine Grundlage für den dritten Teil-Börsengang im Jahr 2000, um den es in dem Frankfurter Prozess ausschließlich geht. Die Telekom hatte später Wertberichtigungen von rund 2,5 Milliarden Euro bei ihrem Immobilienvermögen vorgenommen. Der Anlegeranwalt Klaus Rotter vertritt die Auffassung, dass spätestens 1999 der Abschreibungsbedarf im Unternehmen bekannt gewesen sei, die Anleger davon aber nichts erfahren hätten. "Der Fall ist am zweiten Tag noch nicht verloren", sagte der Anwalt Andreas Tilp, der den Musterkläger aus Baden-Württemberg vertritt. Das Gericht agiere sehr offen und es sei daher klar, dass es sich noch bewegen könne. Der Senat habe zudem deutlich gemacht, dass der verlustreiche Erwerb von Voice-Stream der "richtige Einstieg" wäre. Am Montag soll

der frühere Telekom-Chef Ron Sommer

zum zeitlichen Ablauf des nur wenige Wochen nach dem Börsengang abgeschlossenen Geschäfts als Zeuge vernommen werden. (sf/dpa)

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