zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Quelle und Karstadt schließen sich zusammen

MÜNCHEN (tmh).Der Versandhausriese Quelle in Fürth und der Essener Warenhauskonzern Karstadt AG planen ihre Fusion bis Herbst dieses Jahres.

MÜNCHEN (tmh).Der Versandhausriese Quelle in Fürth und der Essener Warenhauskonzern Karstadt AG planen ihre Fusion bis Herbst dieses Jahres.Gut eineinhalb Jahre nach dem Einstieg der Franken in den europaweit führenden Kaufhaus-Konzern verhandeln die Vorstände von Karstadt und der Fürther Schickedanz Handelswerte GmbH & Co KG nun über eine vollständige Verschmelzung aller Einzelhandelsaktivitäten, teilten beide Unternehmen in Fürth und Essen mit.

Karstadt wird schon jetzt von Schickedanz beherrscht, weil die Franken derzeit 48 Prozent der dortigen Stimmrechte kontrollieren.Auf diese Quote kommt Schickedanz durch einen Stimmbindungsvertrag mit der Dresdner Bank, die zehn Prozent an Karstadt hält, und der Allianz, die über 11,25 Prozent verfügt.26,75 Prozent der Karstadt-Anteile liegen direkt bei Schickedanz.Mit einem gemeinsamen Umsatz von gut 33 Mrd.DM und knapp 120 000 Mitarbeitern würde der neue Branchenriese mit dem geplanten Namen Karstadt Quelle AG zu den größten Handelskonzernen in Europa aufsteigen.

Zum Stellenabbau soll die Fusion nicht führen, sagte Schickedanz-Sprecher Andreas Neuner auf Anfrage.Im Gegenteil stünde mittelfristig ein Zuwachs ungenannten Umfangs bevor, weil die gebündelte Kraft beider Konzerne mehr Expansion zulasse.Dabei sei im Inland an den Aufbau neuer Geschäftsfelder im Bereich Dienstleistungen oder Neue Medien gedacht.Im ausländischen Versandgeschäft könnten Quelle und die Karstadt-Tochter Neckermann ihre Mittel künftig zusammenlegen.

Derzeit sind beide Fusionspartner in den drei Sparten stationärer Handel mit 212 Karstadt- und Hertie-Kaufhäusern, dem Versandhandel, der auch diverse Spezialversender umfaßt, sowie in der Touristik aktiv.Karstadt ist zusammen mit der Lufthansa paritätisch an Deutschlands zweitgrößtem Reisekonzern C&N Touristic AG beteiligt.Dessen Umsatz von zuletzt 9,2 Mrd.DM ist nicht im addierten Quelle Karstadt-Umsatz von 33 Mrd.DM enthalten.Davon entfallen gut 21 Mrd.DM auf Karstadt und 12 Mrd.DM auf die Quelle-Gruppe mit ihren rund 90 Beteiligungen.Die beiden Schickedanz-Finanztöchter Quelle Bank und Quelle Versicherungen sind nicht Teil der Fusion.

Wirtschafts- und Verschmelzungsprüfer müßten nun für Quelle und Karstadt jeweils Bewertungsgutachten erstellen, um die Anteilsquoten für die Zusammenlegung festzulegen, teilten die Konzerne mit.Geplant sei, die hundertprozentige Schickedanz-Tochter Quelle und kleinere Dienstleister der Franken-Gruppe nach der Karstadt-Hauptversammlung im Juli auf die Essener zu verschmelzen.Dadurch werde Schickedanz eine klare Mehrheit an der künftigen Quelle Karstadt zuwachsen, bestätigte Neuner.Die genauen Quoten und Umtauschverhältnisse stünden voraussichtlich im Mai fest.

Quelle und Karstadt hätten sich entgegen früherer Dementis nun doch zu einer Fusion und nicht nur zur engen Kooperation entschlossen, weil viele Synergieeffekte nur dadurch zu heben seien, begründete Neuner den Meinungsumschwung.Über das Ausmaß der Kostenersparnis, die vor allem Logistik, Beschaffung und EDV betreffen, hüllen sich die Fusionspartner in Schweigen.Es gehe um "bedeutende" Kosten- und Ertragsverbesserungen, hieß es lediglich.Auf alle Fälle bleibe die Selbständigkeit aller Beteiligungen im neuen Verbund erhalten.Probleme mit dem Bundeskartellamt gelten als ausgeschlossen.Das hat die Berliner Behörde bereits signalisiert.Schon zum Einstieg bei Karstadt im Herbst 1997 hat sich Schickedanz mit den Kartellhütern arrangiert und ihre Beteiligung am Reisekonzern TUI abgegeben.Seitdem haben die Berliner keine Bedenken mehr gegen ein Zusammengehen von Quelle und Karstadt.Die Börse hat auf die Fusionsankündigung euphorisch reagiert.

Die Aktien des Dax-Werts Karstadt legten am Montag in der Spitze um bis zu sieben Prozent zu.Die Familienholding Schickedanz bereitet ihre Tochter Quelle seit einiger Zeit konzentriert auf einen Börsengang vor, der nun über die Fusion mit Karstadt möglich wird.Unter hoher Ergebnisbelastung wurde jüngst die Umwandlung von Quelle in eine Aktiengesellschaft vollzogen.

Das Quelle-Portfolio wird seit Jahren umgeschichtet.Im operativen Geschäft wurden bis zuletzt einige, teils schmerzhafte und kostspielige Veränderungen vollzogen.So wird der Spezialversender Schöpflin derzeit unter dem Abbau von 900 Stellen in die Fürther Konzernzentrale integriert.Zuvor war das stationäre Geschäft der Gruppe in der Hagener Textilgruppe Sinn Leffers konzentriert worden.In Leipzig hat Quelle für eine Mrd.DM vor kurzem Europas größtes Versandzentrum gebaut.

Neben den TUI-Anteilen wurden unter anderem die Beteiligungen an der Coca Cola Erfrischungsgetränke AG, der Apollo Optik-Kette und die Noris Bank verkauft.Die Franken wollten damit seit Jahren schrumpfenden Umsätzen entgegenwirken.In puncto Profitabilität stehen Quelle und Karstadt angesichts der anhaltenden Konsumflaute derzeit gleichermaßen unter Druck.Im Geschäftsjahr 1997/98 lag das operative Ergebnis der Quelle-Gruppe noch bei 55 Mill.DM und hatte sich damit binnen drei Jahren halbiert.Karstadt macht zum Vorjahresgewinn bislang keine Angaben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false