zum Hauptinhalt
Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Radikale Reformen: Medwedew ändert Putins Wirtschaftskurs

Russlands Präsident Medwedew will Investitionsklima verbessern und dem Staatskapitalismus den Garaus machen. Vor allem letzteres dürfte Regierungschef Putin weniger gut gefallen.

Mit einschneidenden und aus Sicht von Unternehmern längst überfälligen Reformen will Präsident Dmitri Medwedew Russlands Wirtschaft fit für das 21. Jahrhundert und den globalen Wettbewerb machen. Aufhorchen ließ vor allem, dass der Kremlherrscher Minister, die in Aufsichtsräten staatsnaher Konzerne sitzen, aufforderte, ihre Posten auf den Aktionärshauptversammlungen im Juni niederzulegen. Verquickung von politischem Amt und Controller-Job benachteilige die privatwirtschaftliche Konkurrenz und verzerre den Wettbewerb.

Experten sprachen von einer neuen direkten Provokation von Premier Wladimir Putin. Denn der hatte seinen Getreuen aus gemeinsamen KGB-Tagen lukrative Jobs in Staatskonzernen zugeschanzt, um sich deren Loyalität zu sichern, und den Anteil der Staatsbetriebe an der russischen Gesamtwirtschaftsleistung auf fast 50 Prozent hochgefahren.

Medwedew dagegen will offenbar nicht nur dem KGB-Filz, sondern dem Phänomen Staatskapitalismus den Garaus machen – mit einem Zehn-Punkte Plan, der bereits in konkrete Auflagen für Putin und dessen Kabinett umgegossen wurde. So will der Staat auf die bisher übliche Kontrolle ausländischer Investitionen in strategischen Branchen verzichten und Staatsunternehmen verpflichten, Minderheitsaktionären gegenüber sämtliche Informationen offenzulegen.

Denn Worte wie Dirigismus, Intransparenz und Korruption fallen seit Jahren am häufigsten, wenn westliches Kapital sich über das Investitionsklima in Russland beklagt. Medwedew selbst nannte es „sehr, sehr schlecht“. Abhilfe sollen von ihm ernannte Investitions-Sonderbeauftragte in allen acht Regierungsbezirken schaffen. Sie sollen dafür sorgen, dass Unternehmer Lizenzen in spätestens drei Monaten bekommen, und die Regionalregierungen überwachen. Denn die lassen sich mit den Genehmigungen oft dreimal so viel Zeit und mehr Tempo extra vergolden. Damit die Controller nicht ähnlichen Versuchungen erliegen, sollen sie ihren Dienstort ständig wechseln. Die Staatsanwaltschaft soll zudem binnen zwei Wochen einen Gesetzentwurf vorlegen, der den Umgang mit Beschwerden über Korruption regelt. Jedem Signal, das von Medien oder Bürgern eingeht, so Medwedew, werde nachgegangen.

Geradezu revolutionär sind auch die Kompetenzen, mit denen Medwedew das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung ausstattet: Dieses soll künftig direkt beim Justizministerium die Aufhebung von Beschlüssen erwirken, die die unternehmerische Tätigkeit behindern. Ausnahmen, drohte Medwedew, werde es nicht geben. Die Branchenministerien müssen sich zudem mit Unternehmerverbänden beraten, damit derartige Beschlüsse gar nicht erst gefasst werden.

Ein „Russischer Fond für Direktinvestitionen“ soll zudem von Investmentfonds wie privaten Anlegern einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag einsammeln, um die Modernisierung voranzutreiben. Um den Mittelstand zu entlasten, sollen auch Arbeitgeber-Anteile für die Sozialversicherung gesenkt werden können. Bei den derzeitigen Ölpreisen, so Medwedew mit süffisantem Lächeln, dürfte es nicht schwer fallen, die Mindereinnahmen zu kompensieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false