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Schmuckes Erbe. Das Vermögen der Deutschen steigt – und damit auch die Summe, die Nachfahren einmal erben.

© Gina Sanders - Fotolia

Ratgeber Testament, Steuern & Co: Was Sie übers Erben und Vererben wissen sollten

Wer Streit unter seinen Erben verhindern will, muss rechtzeitig vorsorgen. Was ist mit der Erbschaftssteuer? Lohnt sich eine Schenkung? Ein Ratgeber

Von Carla Neuhaus

Deutschland wird zum Land der Erben. Viele Senioren haben in den vergangenen Jahrzehnten ein kleines Vermögen angespart, das nach ihrem Tod die Kinder oder Enkel bekommen sollen. Allein zwischen 2015 und 2024 dürften in Deutschland 3,1 Billionen Euro vererbt werden, heißt es in einer Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA). Eine enorme Summe. Geredet wird darüber allerdings kaum – das Erben und Vererben ist in den meisten Familien noch immer ein Tabu. Eine Allensbach-Umfrage im Auftrag der Deutschen Bank zeigt: Die Hälfte der späteren Erblasser hat mit ihren Erben bislang noch nicht über das Thema gesprochen. Verständlich ist das durchaus. Wer will schon heute über die Zeit nach dem eigenen Tod nachdenken? Dabei gibt es jedoch viele Fragen, die man frühzeitig klären sollte. Sonst gibt es später schnell Ärger: Jeder fünfte Deutsche, der bereits geerbt hat, gibt an, sich über den Nachlass gestritten zu haben.

Das Testament 

Wer soll was bekommen? Für Erblasser wie Erben ist das die entscheidende Frage. Ist kein Testament vorhanden, greift die staatliche Erbfolge: Die Hälfte des Vermögens geht dann an den Ehepartner, den Rest teilen sich die Kinder. Schwieriger wird es, wenn man nicht verheiratet ist oder in einer Patchwork-Familie lebt. „Ohne Testament geht es dann kaum“, sagt der Berliner Rechtsanwalt Dietmar Kurze. Hinzu kommt, dass das Erbe komplexer wird: Statt Geld und Schmuck steigt die Zahl derer, die Immobilien und Wertpapiere vererben. Gibt es dann auch noch mehrere Erben, wird eine Aufteilung des Vermögens ohne Testament schwierig.

Notariell beurkunden lassen muss man ein Schreiben nicht unbedingt. Allerdings hilft ein Notar auch dabei, Fehler zu vermeiden. Denn im Zweifel kommt es im Testament auf jedes Wort an. So ist vielen Verbrauchern zum Beispiel der Unterschied zwischen den Begriffen Vererben und Vermachen nicht bewusst – sie verwenden sie synonym. Doch: Wer etwas nur vermacht bekommt, muss es erst vom Erben einfordern. Auch solche Kleinigkeiten können später für großen Ärger sorgen. „Viele lassen sich deshalb nicht beraten, weil sie Angst vor den Kosten haben“, sagt Kurze. „Dabei kostet ein Rechtsstreit die Erben später das x-Fache und zieht sich meist über Jahre hin.“

Wer ein Testament schreibt, sollte es in jedem Fall so verwahren, dass es auch gefunden wird – vor allem dann, wenn man allein lebt. So berichtet Kurze von einem Fall, in dem ein älterer Herr einer gemeinnützigen Organisation mehrere Millionen Euro vermacht hat. Gefunden hat man das Testament nur durch Zufall – in einer Standuhr. Um so etwas zu verhindern, sollte man das Schreiben beim Nachlassgericht hinterlegen.

Die Erbschaftssteuer

Die wenigsten Deutschen haben eine Vorstellung davon, wie viel ihres Vermögens am Ende bei ihren Erben ankommt – und wie viel der Staat kassiert. Dabei muss längst nicht jeder Erbschaftsteuer zahlen. Für nahe Verwandte gibt es Freibeträge: Wird das Geld an die Kinder vererbt, müssen sie erst ab einem Betrag von 400 000 Euro zahlen – Beträge darunter sind für sie steuerfrei. Ehepartner können untereinander sogar 500 000 Euro vererben, ohne dem Staat davon etwas abgeben zu müssen (siehe Tabelle). Grundsätzlich gilt: Je enger das Verwandtschaftsverhältnis, desto großzügiger sind die Freibeträge. Auch bei der Einstufung in eine Steuerklasse spielt das Verwandtschaftsverhältnis eine Rolle. Dadurch zahlen nahe Verwandte sehr viel weniger Erbschaftsteuer als reine Bekannte. Auf 70 000 Euro, die über den Freibetrag hinausgehen, zahlt der Ehegatte zum Beispiel sieben Prozent Steuern (4900 Euro). Jemand, der nicht verwandt ist, muss 30 Prozent (21 000 Euro) an den Staat abtreten.

Wie viel Steuern die Erben zahlen, kann aber auch von der Art des Testaments abhängen. Ein Nachteil kann den Kindern etwa entstehen, wenn die Eltern ein sogenanntes „Berliner Testament“ verfasst haben – das ist das in Deutschland am weitesten verbreitete Testament. Damit setzen Ehepartner sich gegenseitig als Alleinerben ein. Die Kinder sind dabei als sogenannte Nacherben eingetragen – sie bekommen das Vermögen erst, wenn auch der zweite Elternteil verstirbt. Für die Eltern ist ein solches Testament von Vorteil, weil sie sich so gegenseitig absichern können – gleichzeitig kann es bei höherem Vermögen aber bedeuten, dass die Kinder später höhere Steuern zahlen müssen.

Denn: Kinder können theoretisch von jedem Elternteil separat 400 000 Euro steuerfrei erben. Besitzen nun Mutter und Vater zum Beispiel beide je 400 000 Euro und der Vater stirbt, geht das Geld an die Mutter. Verstirbt auch sie, erben die Kinder auf einen Schlag 800 000 Euro und müssen auf die Hälfte Erbschaftsteuer zahlen – anders als wenn sie einen Teil des Vermögens bereits nach demTod des Vaters bekommen hätten.

Die Schenkung

Angesichts der steigenden Vermögen gehen viele dazu über, einen Teil bereits zu Lebzeiten auf die nächste Generation zu übertragen. „Oft steckt dahinter der Wunsch, die Kinder finanziell zu unterstützen, zum Beispiel wenn sie gerade ein Haus bauen“, sagt Ralph Seidler, Seniorberater bei der Deutschen Bank. Andere hoffen, auf diese Weise Steuern sparen zu können. Letzteres gelingt allerdings nur, wenn man frühzeitig plant.

Denn auch auf geschenktes Geld fällt eine Steuer an – die Schenkungsteuer. Und ihre Höhe entspricht exakt der Erbschaftsteuer, auch die Freibeträge sind identisch. Allerdings können Verbraucher die Freibeträge für Schenkungen nach zehn Jahren erneut in Anspruch nehmen. Wer also heute seinen Kindern 400 000 Euro schenkt, kann ihnen in zehn Jahren noch einmal so viel schenken (oder vererben), ohne dass sie darauf Steuern zahlen müssen. Wer viel besitzt und viel an die nächste Generation weitergeben will, sollte sich daher möglichst früh mit diesem Thema auseinandersetzen.

Allerdings warnen Experten davor, eine Schenkung leichtfertig zu tätigen. „Man sollte wissen, was im schlimmsten Fall passieren kann und sich dagegen absichern“, sagt Seidler. Probleme gibt es oft dann, wenn man bereits zu Lebzeiten das eigene Wohnhaus an die nächste Generation überträgt. Zwar kann man mit einem Nießbrauchrecht weiter darin wohnen oder die Mieteinnahmen kassieren. Doch wer zahlt dann zum Beispiel die Rechnung, wenn das Dach neu gedeckt werden muss? Was passiert, wenn die Kinder finanzielle Probleme bekommen, im schlimmsten Fall Privatinsolvenz anmelden müssen? Oder wenn sie plötzlich vor einem sterben? Gegen all diese Eventualitäten sollte man sich absichern. Zum Beispiel mit einer Rückfall-Klausel: Über sie kann man sicherstellen, dass das Haus zum Beispiel nach einer Privatinsolvenz der Kinder nicht in fremde Hände fällt – sondern dass man es im Zweifel zurückbekommt.

„Man muss sicherstellen, dass man selbst im Alter noch gut versorgt ist“, sagt Anwalt Kurze. So kann man die Schenkung zum Beispiel auch mit einer Pflegeverpflichtung verbinden: Die Kinder sagen damit zu, sich um die Pflege zu kümmern oder sie zu finanzieren. Alternativ kann man auch eine Rentenzahlung vereinbaren. All das sollte man gemeinsam klären und schriftlich festhalten – damit es später keinen Ärger gibt.

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