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Wirtschaft: Raues Klima bei Daimler

Konzernchef Zetsche bestätigt erstmals Verkaufsverhandlungen für Chrysler. Viel mehr verrät er auf der Hauptversammlung nicht

Berlin - Der Daimler-Chrysler-Vorstand sieht sich dem wachsenden Druck seiner Eigentümer ausgesetzt, rasch eine Lösung für die verlustbringende US-Sparte Chrysler zu finden. Auch die Börse reagierte am Mittwoch nervös auf die unverbindliche Aussage von Daimler-Chef Dieter Zetsche, man halte sich in Gesprächen „mit einigen der potenziellen Partner“ alle Optionen offen. Die zuletzt von der Hoffnung auf eine Trennung von der US-Tochter getriebene Aktie war mit einem Minus von zeitweise 1,7 Prozent einer der wenigen Verlierer im Dax. Das Papier schloss bei 61,10 Euro – immer noch mit einem Minus von 1,45 Prozent.

Die US-Zeitung „Detroit News“ berichtete, Daimler-Chrysler wolle bis Ende April einen Bieter als exklusiven Verhandlungspartner auswählen. Als Verkaufspreis werden bis zu neun Milliarden Dollar genannt. Die US-Tochter hatte 2006 zum dritten Mal seit der Fusion mit Daimler-Benz im Jahr 1998 einen Milliardenverlust gemacht. „Wir wären sehr dankbar, wenn Chrysler am Ende zum Scheidungsrichter geführt würde“, sagte Henning Gebhardt von der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS auf der Hauptversammlung im Berliner ICC.

Die Deutsche Bank war lange Großaktionär bei Daimler-Chrysler, hat ihren Anteil aber inzwischen auf 4,4 Prozent reduziert. Die „traurige Bilanz“ seit der Fusion mit Chrysler, die Zetsche-Vorgänger Jürgen Schrempp 1998 eine „Hochzeit im Himmel“ genannt hatte, sei ein Kursverlust der Daimler-Aktie von fast 30 Prozent, sagte Gebhardt. Zwischenzeitlich habe es bei Chrysler so ausgesehen, als könne sich der Konzern erholen. Auf die veränderte Nachfrage der US- Kunden nach kleineren, verbrauchsgünstigeren Fahrzeugen sei der Autobauer aber nicht vorbereitet gewesen. „Wie konnte es passieren, dass man von der Entwicklung so überrascht wurde?“, fragte Gebhardt. Insgesamt sei öffentlich der Eindruck entstanden, dass Daimler-Chrysler in der Klimadebatte „auf einen Zug aufspringt, der schon längst den Bahnhof verlassen hat“.

Zetsche konterte, die Klimabilanz des Autobauers könne sich sehen lassen. Seine Strategie sei es, „den Diesel so sauber zu machen wie den Benziner und den Benziner so sparsam wie den Diesel“. Daimler-Chrysler werde zudem keine Fahrzeuge mehr entwickeln, die nicht auch die Hybrid-Option erlauben, also die verbrauchsärmere Kombination herkömmlicher Verbrennungsmotoren mit Elektroantrieben. Zetsche bekannte sich ausdrücklich zu „nachhaltiger Mobilität“, die langfristig mit dem von einer Brennstoffzelle betriebenen emissionsfreien Auto erreicht werden soll. Mit Blick auf die 1,1 Milliarden Euro Verlust, die Chrysler im Jahr 2006 machte, sagte Hans Richard Schmitz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), die US-Sparte hänge „wie ein Mühlstein am Hals des Konzerns“.

Unter dem Beifall der Aktionäre nahm am Mittwoch der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Hilmar Kopper, nach 17 Jahren seinen Abschied aus dem Gremium. Sichtlich bewegt dankte er Vorstand und Aktionären. „Ich wünsche Ihnen Gutes“, sagte der Ex-Chef der Deutschen Bank. „Möge der Konzern Daimler-Chrysler auch in Zukunft Erfolg haben.“ Der 72- Jährige, der einmal den Betrag von 50 Millionen D-Mark als „Peanuts“ bezeichnet hatte, geht in den Ruhestand. Sein schärfster Kritiker, der Würzburger Universitätsprofessor Ekkehard Wenger, nannte Kopper eine „Altlast“, von der sich der Konzern nun befreie. Die Entsorgung des „Schrotthaufens“ Chrysler bleibe hingegen eine Ankündigung.

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