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Razzia bei der Deutschen Bank.

© Reuters

Razzia wegen Steuerhinterziehung: Deutsche Bank im Strudel eines Wirtschaftsskandals

Es ist ein komplizierter Fall, den die Ermittler zu ergründen versuchen, mit mehr als 170 Beschuldigten. Die Rolle der Bank ist unklar, doch es scheint, als hätte all das nicht ohne ihr Zutun geschehen können. Jetzt ist auch ihr Vorstandsvorsitzender ins Visier geraten - trotz aller Beteuerungen um einen "Kulturwandel".

Das Aufgebot an insgesamt 500 Staatsanwälten, Beamten des Bundeskriminalamtes, Steuerfahndern und Bundespolizisten war massiv – und die unmittelbaren Folgen für die Deutsche Bank dramatisch. Nach einer Razzia in der Zentrale des größten deutschen Geldhauses am Mittwoch in Frankfurt hat die Polizei fünf Mitarbeiter verhaftet. Sie stehen im Verdacht der Geldwäsche und der versuchten Strafvereitelung, wie Oberstaatsanwalt Günter Wittig bestätigte.

Insgesamt ermittelt die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft gegen 25 Mitarbeiter der Bank – unter ihnen auch gegen Jürgen Fitschen, neben Anshu Jain Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, und Finanzvorstand Stefan Krause.

Hintergrund der Razzia in der Bank sowie in Büros und Wohnungen – unter anderem auch in Berlin und Düsseldorf – sind die seit Frühjahr 2010 laufenden Ermittlungen wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem Handel von CO2-Emissionszertifikaten. Im Dezember 2011 waren deshalb bereits sechs Personen – keine Mitarbeiter der Deutschen Bank – zu Gefängnisstrafen zwischen drei und sechs Jahren verurteilt worden.

Deutsche-Bank-Sprecher Ronald Weichert betonte am Mittwoch, die Bank kooperiere weiter „vollumfänglich“ mit den Behörden. In dem vor einem Jahr abgeschlossenen Prozess hatten die Staatsanwälte die Bank bereits beschuldigt, in die Betrügereien verwickelt gewesen zu sein. Die Geschäfte wurden offensichtlich mit Hilfe von Mitarbeitern des Instituts und über Konten der Bank abgewickelt. Ohne die Mitwirkung der Deutschen Bank, so Oberstaatsanwalt Thomas Gonder bei der Verkündung der Urteile vor einem Jahr, hätten die Betrügereien nicht geschehen können. Mitarbeiter der Bank seien „zumindest schuldhaft verstrickt“ gewesen. Bereits seit Herbst 2011 wurde gegen sieben Beschäftigte der Deutschen Bank ermittelt.

Das Institut selbst hatte vor gut einem Jahr 300 Millionen Euro an Umsatzforderungen abgeschrieben und Anfang Oktober dem Vernehmen nach mindestens fünf Beschäftigte der Handelsabteilung wegen möglicher Betrügereien freigestellt. Offiziell wurde dies nie bestätigt. Die Bank hatte aber auf den von den beiden Vorstandsvorsitzenden Jain und Fitschen eingeforderten Kulturwandel verwiesen und erklärt, man wolle keine Geschäfte mehr betreiben, die dem Ruf der Bank schadeten. Ob es sich bei am Mittwoch Verhafteten um die fünf freigestellten Mitarbeiter handelt, blieb unklar. Die Verhaftungen allerdings legen den Verdacht nahe, dass die Banker gegen Gesetze verstoßen haben.

Bereits im Frühjahr 2010 waren die Geschäftsräume der Deutschen Bank durchsucht worden. Der Komplex gilt bereits jetzt als einer der größten Fälle von Wirtschaftskriminalität seit Jahrzehnten. Mit einem komplizierten Firmengeflecht hatten die sechs vor einem Jahr verurteilten Männer – zwei Deutsche, ein Franzose und drei Briten – durch den Handel mit Emissionszertifikaten zwischen Sommer 2009 und Frühjahr 2010 und ein daran geknüpftes Umsatzsteuerkarussell den deutschen Fiskus um mindestens 230 Millionen Euro betrogen.

Dazu wurden CO2-Zertifikate im Ausland gekauft, mehrfach in Deutschland weitergegeben und schließlich wieder im Ausland abgesetzt – nach Ansicht der Staatsanwaltschaft auch mit Hilfe der Deutschen Bank. In ihren Umsatzsteuererklärungen hatten die Männer diese Geschäfte verschleiert und Vorsteuerbeträge in insgesamt dreifacher Millionenhöhe geltend gemacht, die aber nie angefallen sind. Auch hohe Steuerrückerstattungen soll es gegeben haben.

Schon vor einem Jahr hatten die Ermittler betont, es gebe mehr als 170 Beschuldigte im In- und Ausland, bei 50 Unternehmen werde ermittelt. Mindestens 45 000 Seiten Akten wurden gesichtet. Den Schaden für den Fiskus schätzen die Staatsanwälte auf 850 Millionen Euro. Immerhin konnten die Behörden mehr als hundert Millionen Euro sicherstellen. mit rtr

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