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Republica 2015.

© re:publica

re:publica 2015: Von Asyl über Youtube zum fairen Porno

Ab heute trifft sich die Netzgemeinde in Berlin zur re:publica. Im Mittelpunkt der Konferenz steht in diesem Jahr das Thema Europa.

Bescheidenheit ist nicht ihr Ding. Die re:publica zählt zu den „weltweit wichtigsten Events zu den Themen der digitalen Gesellschaft“, sagen die Veranstalter über das Medienereignis, das nun schon zum neunten Mal in Berlin stattfindet. An diesem Dienstag geht es los, bis Donnerstag treffen hier Medienaffine, Blogger, Denker, Aktivisten, Politiker und Wirtschaftsvertreter aufeinander, um über wichtige Fragen der Internetzeit zu sprechen. Es geht um große Themen, von der Wahrheit im Netz, über Youtube bis hin zu der Frage, ob es auch anständige Pornos geben kann.

Im Mittelpunkt steht 2015 aber Europa, „Finding Europe“ ist das Motto der Veranstaltung. Im Laufe der dreitägigen Konferenz soll den Besonderheiten der einzelnen europäischen Nationen in Bezug auf ihre Nutzung des Netzes und den damit verbundenen Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung auf den Grund gegangen werden. „Auf der re:publica 2015 möchten wir den digitalen Kulturraum Europa und seine netzpolitischen Besonderheiten beleuchten und sind uns sicher: Ein Update zur Betrachtung des ‚alten Kontinents' lohnt sich in vielerlei Hinsicht. Nicht trotz, sondern gerade wegen seiner Diversität“, so die Veranstalter. Die kleine „Internetkonferenz“ ist mit über 6 000 Teilnehmern längst erwachsen geworden. Mit ihrer Themenwahl zeigen die Veranstalter der re:publica, dass sie schon lange kein introvertierter Hacker-Treff mehr sind, sondern eine ernstzunehmende Größe im europäischen Diskurs über Meinungsfreiheit. Schon im letzten Jahr hatten die Organisatoren mit ihrem Fokus auf die Enthüllungen des NSA-Mitarbeiters Edward Snowden politisches Fingerspitzengefühl bewiesen.

Das wie gewohnt unübersichtliche Programm der Veranstaltung durchzieht die Frage nach einer europäischen Identität im Netz: Christian Feld, Brüssel-Korrespondent der ARD, spricht über die Digitalpolitik der „Machtmaschine Europa“, Ulrike Guérot von der Denkfabrik „European Democracy Lab“ stellt ihre Vision eines vernetzen Europas vor und der Internet-Aktivist Thomas Lohninger klärt über den aktuellen Kampf seiner Zunft um die Netzneutralität auf.

Die Themen der Konferenz gehen aber weit über reine EU-Digitalpolitik hinaus: Die Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus stellt sich die Frage, wie ein Europa ohne Muslime aussähe, der Satiriker Eric Jarosinski beschäftigt sich mit Europa als fortwährender Utopie. Und auch die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer wird zum Thema auf der re:publica: Ferda Ataman, Leiterin des Mediendienstes für Integration diskutiert mit dem Hamburger Soziologen Vasillis Tsianos über eine angemessene Willkommenskultur, über Einwanderung und europäische Asylpolitik.

Die Veranstalter erwarten in diesem Jahr mehr als 800 Redner aus über 45 Ländern. Ein Prominenter aber wird fehlen: Sascha Lobo. Im letzten Jahr hatte er bei seiner traditionellen „Ruckrede“ der deutschen Internetgemeinde Verweigerung gegenüber der Realität vorgeworfen. Der Aufruf des Internet-Vordenkers zu mehr echtem Engagement im Kampf gegen die Spionage der US-Geheimdienste machte auch über die Szene hinaus Schlagzeilen. Vor einigen Wochen bestätigte Lobo in einem Interview mit dem Magazin „Wired“, dass er dieses Jahr erstmalig keine Rede auf der re:publica halten werde: „Für mich ist der Impuls jetzt aber: Machen! Nicht nur reden“, so Lobo.

Auf der re:publica diskutieren Wissenschaftler, Hacker, Bürgerrechtler, Journalisten, Blogger und Politiker gemeinsam über die Weiterentwicklung der Wissensgesellschaft. Die Liste der namhaften Sprecher ist auch ohne Lobo lang: Angekündigt haben sich unter anderem Reed Hastings, Mitgründer und Geschäftsführer des Streaming-Portals Netflix, sowie Undercover-Journalist Günter Wallraff. Der Hacker Jacob Appelbaum wird im Laufe der Konferenz sein gemeinsam mit dem chinesischen Künstler Ai WeiWei vorbereitetes Kunstprojekt präsentieren.

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