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Paradiesisch. Palme, Pool und Meer – davon träumen viele Urlauber. Doch nicht immer hält die Wirklichkeit, was im Katalog versprochen wurde.

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Recht: Wie Urlauber sich bei Reisemängeln Geld zurückholen

Nicht immer ist es am Ferienort wie erhofft. Wann sich reklamieren lohnt – und wie das geht.

Die schönsten Wochen des Jahres sind manchmal frustrierend: Mal ist das Essen ungenießbar, mal geht einem die Baustelle neben dem Hotel auf die Nerven. Reisemängel gibt es in den verschiedensten Formen. In solchen Fällen haben Reisende jedoch gute Chancen, eine Minderung des Reisepreises durchzusetzen.

Schnell handeln

Die wichtigste Regel lautet: Wer Reisemängel beklagt, muss diese sofort vor Ort anzeigen und Abhilfe fordern – er darf nicht erst zu Hause meckern. „Reiseleitung oder Reiseveranstalter müssen die Chance bekommen, die Reisemängel abzustellen“, erklärt die Düsseldorfer Rechtsanwältin Katia Genkin. Bei Pauschalreisen ist der Reiseveranstalter für das Glück der Urlauber verantwortlich, bei einem individuell zusammengestellten Urlaub ist es zum Beispiel der Hotelier. Ihm sollte eine angemessene Frist gesetzt werden. Wenn Baulärm stört, dürften zwei Tage angemessen sein, um in einem anderen, ruhigeren Hotel untergebracht zu werden.

Verstreicht die Frist erfolglos, kann der Urlauber selbst tätig werden und den Ersatz seiner Aufwendungen fordern. Wird zum Beispiel der im Reisevertrag vereinbarte Tauchkurs nicht angeboten, ist der Urlauber berechtigt, auf eigene Faust einen vergleichbaren Kurs zu buchen und sich die Kosten dafür erstatten zu lassen.

Beschwerden dokumentieren

Wenn ein Reisender am Urlaubsort lediglich den Reiseleiter bittet, eine Mängelliste an den Veranstalter weiterzuleiten, sind damit die Ansprüche noch nicht wirksam geltend gemacht worden. Dass die Mängel angezeigt wurden, muss nachweisbar sein. Die Reiseleitung sollte deshalb zumindest schriftlich bestätigen, dass sich der Urlauber am Tag X beschwert hat.

Ziemlich aussichtslos ist es, von der Reiseleitung eine Bestätigung der Mängel zu verlangen. Ein solches Schuldeingeständnis dürfen die Reiseleiter meist gar nicht geben.

Genau informieren

Doch nicht jede Unannehmlichkeit ist ein Reisemangel. Ein solcher liegt nur dann vor, wenn der Urlauber etwas anderes erwarten konnte, als er bekommen hat. Dafür ist der Reisekatalog maßgeblich. „Wurde dort von Bauarbeiten in der Ferienanlage ausdrücklich gesprochen, kann der Urlauber kaum einen Mangel geltend machen“, sagt Rechtsanwältin Genkin.

Auf die teilweise verklausulierten Formulierungen in den Katalogen ist genau zu achten. Ein „beheizbarer Pool“ heißt nicht, dass er auch tatsächlich beheizt wird. Juristisch ist das von erheblicher Bedeutung, denn ein Reisender kann nur auf die Leistungen pochen, die ihm konkret zugesagt wurden. „Per Direktflug“ heißt: Der Urlauber sollte sich auf mindestens eine Zwischenlandung einstellen. Nach dem Start in Düsseldorf landet der Flieger Richtung Türkei vielleicht in Leipzig, um weitere Gäste einzusammeln. „Direktflug“ meint lediglich, dass der Reisende nicht umzusteigen braucht. Ohne jede Unterbrechung wäre es ein Non-Stop-Flug.

„Direkt am Meer“: Morgens die Hoteltür aufstoßen und sich nach wenigen Schritten über den weichen Sand ins Meer stürzen – wahrhaft traumhaft ist diese Vorstellung. Aber der Strand wird hier nicht erwähnt – das Hotel liegt vermutlich an einer Steilküste oder am Hafen.

Wird mit nur zehn Minuten zum Strand gelockt, ist höchste Vorsicht geboten. Mit dem Taxi oder dem Linienbus mag das hinkommen, zu Fuß kann es einen halbstündigen Marsch bedeuten. Ist das Hotel „zentral gelegen“, können Urlauber vor allem in südlichen Ländern damit rechnen, dass sie rund um die Uhr über den Lärm des Straßenverkehrs fluchen werden.

Zeugen suchen

Auf der sicheren Seite befindet sich der Urlauber, wenn er Zeugen für seine Beschwerde bei der Reiseleitung aufbieten kann. Das kann der Ehepartner oder ein Reisebegleiter sein. Ein unabhängiger Gast macht sich vor Gericht aber besser – vor allem dann, wenn er die Mängel ebenfalls erlebt hat. Ausländische Zeugen sollten allerdings nur dann angeführt werden, wenn sonst keine da sind. Werden sie im Falle eines Prozesses vorgeladen, entstehen erhebliche Gerichtskosten.

Wenn trotz Beschwerde die Mängel nicht abgestellt werden, müssen Beweise gesichert werden. Fotos und Videos etwa vom verschmutzten Hotelstrand können später bei der Klage sehr helfen.

Beispiele prüfen

Jedes Jahr beschäftigen sich Gerichte nach den großen Ferien mit Reisemängeln. Ein Blick auf frühere Urteile hilft, die eigenen Chancen besser einzuschätzen. Im Reisekatalog war ein Hotel „mit fantastischem Meerblick“ angepriesen worden. Tatsächlich sah der Urlauber von seinem Zimmer aus nur eine große Hauswand. Das Amtsgericht Duisburg hielt in diesem Fall eine Reisepreisminderung von sieben Prozent für gerechtfertigt.

Ein Hotel sollte eine Klimaanlage im Speisesaal bieten. An vier von sieben Urlaubstagen fiel sie aus. Der Reiseveranstalter musste eine Preisminderung von fünf Prozent gewähren – anteilig für die Tage, an denen die Anlage nicht funktionierte.

Orientierungshilfe, mit welcher Höhe von Entschädigung bei welchem Mangel gerechnet werden kann, bietet zudem die Frankfurter Tabelle.

Andreas Kunze

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