zum Hauptinhalt

RECHTS Frage: an Rüdiger Strichau Verbraucherzentrale Berlin

Wer haftet für das Kind?

Mein Sohn ist sieben und spielt gern Fußball. Neulich ist der Ball leider auf dem Auto des Nachbarn gelandet und hat eine Beule hinterlassen. Wir haben eine Haftpflichtversicherung. Muss die zahlen, oder kann die sich mit dem Argument rausreden, ich hätte den Jungen nicht allein draußen spielen lassen dürfen?

Eine Zahlungsverpflichtung Ihrer Privathaftpflichtversicherung kann sich aus dem Verhalten Ihres Sohnes oder aus einer Verletzung der Ihnen obliegenden Aufsichtspflicht ergeben.

Auch wenn minderjährige Kinder über den Haftpflichtvertrag der Eltern ohne Zuschlag mitversichert sind, ist doch beim Nachwuchs die Haftungsfrage im Vergleich zu volljährigen Personen vollkommen anders zu beantworten. Die folgenschwerste gesetzliche Regelung lautet: Kinder unter sieben Jahren, im Straßenverkehr unter zehn Jahren, gelten als nicht deliktsfähig, sie können nicht zum Schadensersatz herangezogen werden. Im Schadensfall zahlt die Versicherung daher nur, wenn die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Wollen die Eltern in jedem Fall versichert sein, damit das Opfer nicht leer ausgeht, müssen sie darauf achten, dass ihre Haftpflichtversicherung ausdrücklich deliktsunfähige Kinder mitversichert. Viele der gängigen Familientarife enthalten mittlerweile diesen wichtigen Schutz mindestens bis zu einem Schadensbetrag von 5000 Euro.

Ihr Sohn, der das rechtlich entscheidende siebte Lebensjahr vollendet hat, haftet grundsätzlich selbst. Wieder hält das Gesetz eine Einschränkung bereit: Kinder von sieben bis 17 Jahren haften nur dann, wenn sie über die erforderliche Einsichtsfähigkeit hinsichtlich der schädigenden Handlung verfügen. Ihre Versicherung kann also Informationen zum Entwicklungsstand Ihres Sohnes einholen und außerdem abklären, ob er sich zum Schadenszeitpunkt in einer „typischen Überforderungssituation“ gemäß der Rechtsprechung befunden hat. Aus Ihrer Schilderung lassen sich keine Anhaltspunkte für eine Nichthaftung Ihres Sohnes ableiten.

Ihre Befürchtung, die Versicherung könnte wegen mangelnder Aufsicht die Leistung verweigern, ist unbegründet. So paradox es für Sie vielleicht klingt: Gerade wenn Sie nicht auf Ihr Kind aufgepasst haben, muss die Versicherung zahlen. Wie lange ein Kind unbeaufsichtigt im Freien spielen darf, hängt von seinem Alter und seiner Veranlagung ab. Nach Urteilen des Bundesgerichtshofes kann ein siebenjähriges Kind durchaus zwei Stunden allein auf einem Spielplatz gelassen werden, während ein fünfjähriges Kind spätestens alle 30 Minuten von seinen Eltern kontrolliert werden müsse. Wichtig für alle Eltern: Verschweigen Sie gegenüber der Versicherung keine Schwächen oder Auffälligkeiten Ihres Kindes. Aus diesen ergibt sich nämlich die Pflicht, Ihren Nachwuchs in kurzen Abständen zu kontrollieren. Unterlassen Sie dies, verletzen Sie Ihre Aufsichtspflicht, und der Geschädigte erhält von der Versicherung Schadensersatz. Foto: Mike Wolff

an Rüdiger Strichau

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false