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RECHTS Frage: an Wolfgang Wawro Steuerberater

Misst der Fiskus mit zweierlei Maß?

39 Jahre lang bekam ich Steuerrückzahlungen bei einer Bearbeitungsdauer von zwei bis vier Monaten. Erstmals muss ich nun nachzahlen. Der Bescheid kam schon nach zwei Wochen. Damit ist doch offensichtlich, dass die Finanzämter die bereits erfolgte vollständige Bearbeitung des Steuerbescheids bewusst zurückhalten, wenn sich eine Rückzahlung ergibt. Könnte so ein Verhalten strafbar sein? Und noch etwas: Für 2012 wurde eine Nachzahlung von 413 Euro festgesetzt. Jetzt werden jedoch als Vorauszahlung 654 Euro für 2013 und 604 Euro für 2014 verlangt, also 50 Prozent mehr als mein Nachzahlungsbetrag. Darf das Finanzamt das oder muss es sich an die Höhe der Nachzahlung von 2012 halten? Darf sich das Finanzamt bei mir einen zinslosen Kredit holen?

Ganz bestimmt sind Sie nicht der Einzige, den das Gefühl quält, er werde ungerecht behandelt. Ihre Erfahrung von 39 Jahren mit einer Bearbeitungsdauer von zwei bis vier Monaten und einem Jahr mit einer Veranlagung binnen zwei Wochen schließt aber eine strafrechtliche Beurteilung aus. Es kann nicht als offensichtlich bewertet werden, dass hier ein bewusstes Verhalten in Bezug auf das steuerliche Ergebnis vorlag.

Es gibt mannigfache Gründe für unterschiedliche Bearbeitungszeiten, die zwischen wenigen Wochen und vielen Monaten liegen können. Es fallen viele Steuererklärungen im Frühjahr oder vor den großen Ferien an, es können Klärungsfragen amtsintern oder durch Rückfragen notwendig sein oder ein Krankheitsfall beziehungsweise die Urlaubszeit bremst eine kurzfristige Erledigung. Die Sachbearbeitung erfolgt unabhängig vom Ergebnis, das häufig erst nach der Bearbeitung konkret wird. Nach meiner Erfahrung erfolgen Erstattungen aber durchaus auch binnen zwei Wochen.

Die Festsetzung von Vorauszahlungen erfolgt grundsätzlich nach der zuletzt veranlagten Einkommensteuer sowie nach Anrechnung der Steuerabzugsbeträge. Dabei werden aber auch gesetzliche Tarifentwicklungen berücksichtigt. So wurden die Grundfreibeträge für 2013 um 126 Euro und für 2014 um weitere 224 Euro erhöht. Allerdings bleiben Aufwendungen für bestimmte Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen außer Ansatz, wenn diese insgesamt 600 Euro nicht übersteigen. Vorauszahlungen werden nur festgesetzt, wenn sie mindestens 400 Euro im Jahr betragen. Die Höhe der Nachzahlung für 2012 ist also nicht der unmittelbare Maßstab. Das Finanzamt fordert, was gesetzlich vorgegeben ist. Falls Sie darlegen können, dass sich die Verhältnisse für Sie verändert haben, können Sie eine Anpassung beantragen. Foto: Kai-Uwe Heinrich

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an Wolfgang Wawro

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