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Wirtschaft: Reform des Lohnsystems prägt die Tarifrunde 2002

Die Tarifrunde 2002 kommt in Fahrt. Der IG-Metall-Vize Jürgen Peters bekräftigte am Donnerstagabend die Forderung der Gewerkschaft nach einem neuen Entgeltrahmentarifvertrag (ERA), der die Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten aufhebt.

Die Tarifrunde 2002 kommt in Fahrt. Der IG-Metall-Vize Jürgen Peters bekräftigte am Donnerstagabend die Forderung der Gewerkschaft nach einem neuen Entgeltrahmentarifvertrag (ERA), der die Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten aufhebt. "Wir sind finster entschlossen, das nicht nur zu wollen, sondern auch durchzusetzen", sagte Peters in Berlin. Dem will sich der Arbeitgeberverband Gesamtmetall nicht grundsätzlich widersetzen. Allerdings müsse ERA so organisiert werden, "dass es finanzierbar ist", sagte Verbandspräsident Martin Kannegiesser ebenfalls in Berlin. Für die Betriebe dürfe es keine Erhöhung der tariflichen Kosten geben. Im Übrigen sei den Arbeitgebern überhaupt nicht erkennbar, wie der Einstieg in ein neues Tarifsystem mit der aktuellen Entgeltrunde verknüpft werden könne. Die IG Metall fordert 6,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt. Angesichts der schwierigen konjunkturellen Lage "sind wir fassungslos über die Schere, die sich auftut zwischen einer real noch nachvollziehbaren Forderung und der tatsächlich geforderten 6,5 Prozent", sagte Kannegiesser.

Die Kosten eines neuen Entgelrahmens - dabei geht es im Wesentlichen um die Angleichung der Arbeiterentgelte an die (höheren) Angestelltengehälter - wollte Kannegiesser nicht überschlagen. Schätzungen zufolge könnten die Betriebe aber mit bis zu neun Prozent höheren Personalkosten belastet werden, wenn auf einen Schlag das neue System eingeführt würde. Davon geht allerdings auch IG-Metall-Vize Peters nicht aus. Ihm geht es vielmehr um einen "unumkehrbaren Einstieg" in ein neues Tarifsystem. "Für uns ist das eine Gerechtigkeitsfrage", sagte Peters, "gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit". In den vergangenen Jahren seien die Anforderungen an die Arbeiter ständig gestiegen, die Entlohnun sei jedoch unverändert geblieben. Dieser Umstand habe inzwischen dazu geführt, dass viele junge Leute auf Grund der materiellen Benachteiligung vor einer Facharbeiterausbildung zurückschreckten.

Für Peters und Kannegiesser ist nun die entscheidende Frage, wie man mit den zusätzlichen Kosten umgeht. In jedem Fall sei ein mehrjähriger Übergangszeitraum erforderlich. Dissens gibt es zwischen den Tarifpartner in der Frage der Kostenneutralität, die es für Peters "nicht geben kann, weil es um eine Neubewertung von Arbeit geht". Eine Lösung könnte für die IG Metall in der Anrechnung von bislang variablen Entgeltbestandteilen liegen: Wenn ein Arbeiter zum Beispiel zusätzlich zu seinem Grundlohn noch Prämien und Sonderzahlungen bekommt, so könnten diese in dem neuen, höheren Grundlohn mit berücksichtigt werden. Das wiederum ist für die Arbeitgeber kaum akzeptabel, weil sie dadurch eine Möglichkeit der Entgeltdifferenzierung verloren sehen.

Gesamtmetall-Präsident Kannegiesser fordert in den kommenden Verhandlungen "viel Umsicht", damit es bei der Neubewertung der Arbeitsplätze nicht zu Konflikten zwischen Gewinnern (den Arbeitern) und Verlierern (den Angestellten) komme. In der Einschätzung, dass es sich bei ERA um "das größte tarifpolitische Reformprojekt seit Jahrzehnten" handelt, ist er sich mit Peters einig. Die nächsten Tarifrunden stehen in der kommenden Woche an, die Friedenspflicht endet am 29. März. Erste Warnstreiks könnten also nach Ostern beginnen.

alf

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