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Wirtschaft: Reformen bei Rente und Schadenersatz gefordert

BREMEN .Wenige Tage vor der Bundestagswahl stehen zwei wirtschaftspolitisch brisante Themen im Mittelpunkt des 62.

BREMEN .Wenige Tage vor der Bundestagswahl stehen zwei wirtschaftspolitisch brisante Themen im Mittelpunkt des 62.Deutschen Juristentages in Bremen.Vom 22.bis zum 25.September diskutieren die rund 3000 in der Hansestadt versammelten Richter, Rechtsanwälte und Juraprofessoren unter anderem Reformen beim Schadenersatzrecht und der Rente.In den bereits veröffentlichten Gutachten werden für beide Bereiche umfassende Reformen gefordert.

So plädiert der Gutachter der zivilrechtlichen Abteilung, Professor Christian von Bar, dafür, die bislang im deutschen Recht sehr begrenzten Schmerzensgeldansprüche zu erweitern.Betroffen davon wäre insbesondere der Straßenverkehr.Unabhängig von seinem eigenen Verschulden haftet der Halter eines Kraftfahrzeuges, beziehungsweise dessen Versicherung, hier nämlich zur Zeit nur für materielle Schäden, wie zum Beispiel die Reparatur des Autos oder Arztkosten.Für einen Schmerzensgeldanspruch ist hingegen immer der schwierig zu führende Nachweis einer individuellen Schuld erforderlich.Bei Massenunfällen im Straßenverkehr kann ein solcher Beweis meist überhaupt nicht erbracht werden.Der Gutachter spricht sich hier für Beweiserleichterungen aus.Danach sollen bei Massenkarambolagen grundsätzlich alle Versicherungen der beteiligten Fahrer im gleichen Ausmaß für die entstandenen Schäden aufkommen.Ausnahmen soll es nur für Fahrer geben, die nachweisen können, für den Unfall nicht verantwortlich zu sein, so die Vorstellungen des Gutachters.Auch bei Unglücken mit Bahnen, Flugzeugen oder Schiffen will Professor von Bar die Ansprüche der Beteiligten ausdehnen.So soll es hier für Verletzte zukünftig ebenfalls einen verschuldensunabhängigen Schmerzensgeldanspruch geben.Nach der derzeitigen Gesetzeslage haben selbst Opfer von verheerenden Unglücken, wie der Zugkatastrophe von Eschede nur Anspruch auf materiellen Schadenersatz, so zum Beispiel für zerstörte Gepäckstücke oder einen Krankenhausaufenthalt.Für einen Schmerzensgeldanspruch muß dem Beförderungsunternehmen hingegen immer ein Verschulden nachgewiesen werden, was in den seltensten Fällen gelingt.Ein Problem, daß zwischenzeitlich auch die Politik erkannt hat.Doch ein vom Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig (FDP) im Sommer vorgelegter Reformvorschlag kam zu spät.Zwar hat das Bundeskabinett dem Gesetzesentwurf noch zugestimmt, im Rechtsausschuß des Bundestages wurde der Vorschlag dann aber aus Zeitgründen nicht mehr behandelt.Da jedoch auch die SPD die Schmerzensgeldansprüche ausdehnen will, könnten die vom Gutachter des Juristentages vorgeschlagenen Reformen des Schmerzensgeldrechts schon sehr bald Realität werden.

Die für den Bereich des Rentenrechts diskutierten Reformen dürften dafür in der Politik eher kontrovers aufgenommen werden.Der für diesen Bereich zuständige Gutachter, Professor Winfried Boekken, will nämlich die Regelaltersgrenze auf 68 Jahre anheben.Wer bereits mit 65 in den Ruhestand gehen will, muß hingegen Abzüge bei der Rentenhöhe hinnehmen.Finanzielle Einbußen befürwortet der Gutachter auch beim Arbeitslosengeld, wenn Arbeitnehmer aus Altersgründen ihre Stelle freiwillig vorzeitig aufgeben.Statt einer zwölfwöchigen Sperrfrist beim Arbeitslosengeld, soll der Anspruch gänzlich verloren gehen, so die Vorstellungen des Gutachters.Auch die Möglichkeiten, neben der Regelaltersrente noch Geld zu verdienen, will Boekken einschränken.

Seine Vorschläge stoßen allerdings bereits bei den Fachleuten des Juristentages auf massive Kritik.So hält Professor Franz Ruland, vom Verband der Deutschen Rentenversicherungsträger schon aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit ein Anheben der Rentenaltersgrenze auf 68 Jahre für nicht möglich.Andere Referenten plädieren sogar dafür, das mögliche Renteneintrittsalter auf 60 Jahre zu senken, wenn der Arbeitnehmer bereit ist, entsprechende Abschläge in Kauf zu nehmen.

HERSCHBERG (JULIA)

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