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Wirtschaft: Regierung bleibt bei Betriebsrenten hart

Sozialexperten fordern: Vorsorge muss besser gefördert werden/Verdi unterstützt Klagen ihrer Mitglieder

Berlin (hej). Der Streit um die Zukunft der Betriebsrenten hat sich am Donnerstag weiter verschärft. Als Reaktion auf die Kürzung der arbeitgeberfinanzierten Betriebsrenten bei der Commerzbank und Gerling forderten Sozialpolitiker und Experten die Regierung auf, die von den Arbeitnehmern allein finanzierte betriebliche Altersvorsorge auch in Zukunft weiter zu fördern und von bereits beschlossenen Einschränkungen abzusehen. Die Gewerkschaft Transnet kündigte zudem Musterverfahren gegen die seit dem 1. Januar geltende höhere Belastung der Betriebsrentner an. Seit Jahresanfang müssen Betriebsrentner auf ihre betriebliche Altersvorsorge den vollen statt den halben Krankenkassenbeitrag zahlen.

Wegen der neuen Zusatzbelastung der Betriebsrentner durch die Krankenversicherung sollten Arbeitnehmer, die selbst für ihre betriebliche Vorsorge zahlen, entlastet werden, meinen Experten. Bislang gilt: Wer im Rahmen der so genannten Entgeltumwandlung auf einen Teil seines Gehalts verzichtet und das Geld in eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds einzahlt, spart Steuern und Sozialabgaben. Bis zu 2472 Euro kann man in diesem Jahr steuer- und sozialabgabenfrei ansparen. Diese Förderung läuft jedoch nur bis zum Jahr 2008. Danach bleiben die Beiträge zwar steuerfrei, die Beschäftigten müssen aber wieder Sozialversicherungsabgaben abführen.

„Es besteht dringender Handlungsbedarf“, sagt Klaus Stiefermann, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersvorsorge (aba). Die Arbeitnehmer bräuchten Planungssicherheit. Doch statt der versprochenen Vereinfachung produziere die Regierung immer neue Regeln mit immer kürzeren Halbwertzeiten. „Die Arbeitnehmer haben den Eindruck, abgezockt zu werden“, kritisiert Stiefermann.

Auch Politiker plädieren für ein Umdenken. „Wenn die Betriebsrentner für ihre Rentenbezüge Krankenkassenbeiträge zahlen müssen, dann kann man die Arbeitnehmer nicht noch einmal bei der Beitragszahlung mit Sozialversicherungsabgaben belasten“, meint der sozialpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Markus Kurth. Ansonsten entstehe eine unzulässige Doppelbelastung. Kurth setzt sich dafür ein, die Entgeltumwandlung über das Jahr 2008 hinaus von Sozialabgaben zu befreien.

Bedenken hat auch der SPD-Abgeordnete Hans-Peter Bartels. Bartels ist Mitglied der Netzwerk-Gruppe, in der sich jüngere SPD-Bundestagsabgeordnete zusammengeschlossen haben. „Betriebliche Vorsorgemodelle müssen attraktiv bleiben“, sagte Bartels dem Tagesspiegel. „Man kann nicht zwei Mal Sozialversicherungsbeiträge abziehen“. Auch der rentenpolitische Sprecher der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion, Andreas Storm, fordert eine „Lösung aus einem Guss“. Das Bundessozialministerium lehnt eine Nachbesserung jedoch ab. Man habe die Befristung seinerzeit bewusst ins Gesetz hineingeschrieben, und es gäbe keinen Grund, heute davon abzuweichen, sagte eine Sprecherin.

Unterdessen wächst die Unterstützung für Betriebsrentner, die gegen die höheren Krankenkassenbeiträge klagen wollen. Die Bahngewerkschaft Transnet kündigte Musterverfahren an, die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bot ihren Mitgliedern Hilfe bei den Klagen an. Verdi will zwar nicht selbst klagen, stellt aber ihren Mitgliedern Musterklageschriften zur Verfügung.

Ebenfalls am Donnerstag setzten Commerzbank-Beschäftigte ihre Proteste gegen die Streichung ihrer Betriebsrenten fort. Das High-Tech-Unternehmen Infineon bestätigte, dass man ebenfalls über Veränderungen bei der Betriebsrente nachdenke. Einzelheiten seien aber noch nicht bekannt.

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