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Wirtschaft: Regierung will umweltschonend reisen

Ausgleichszahlungen für Ökoprojekte geplant / Autoindustrie wehrt sich gegen Vorwürfe der Grünen-Politikerin Künast

Berlin / Düsseldorf – Die aktuelle Diskussion um Energieeinsparung forciert die Kreativität der Politiker. So strebt die Bundesregierung einen Klimaschutz-Ausgleich für Dienstreisen an. Dahinter steckt die Idee, das durch die Reisen verursachte Klimagas CO2 an anderer Stelle wieder einzusparen beziehungsweise ökologische Projekte zu unterstützen. Umweltminister Sigmar Gabriel brachte für sein Haus einen Betrag von 100 000 Euro ins Gespräch, der aus dem Verwaltungsetat aufgebracht werden könnte. Im Bundesfinanzministerium hieß es am Montag, zusätzliche Ausgaben für den Klimaschutz werde es nicht geben, jedes Ministerium müsse die Mittel selbst aufbringen. Die Luftfahrtbranche lenkte unterdessen ein, was den Handel mit so genannten CO-2Emissionszertifikaten zum Klimaschutz betrifft. Die Fluggesellschaften wollen sich daran beteiligen und so höhere Steuern oder Abgaben vermeiden.

Für die Autoindustrie und die Autofahrer ist ein ähnlicher Handel nicht in Sicht. Die deutsche Vorzeigebranche musste sich am Montag erneut gegen Vorwürfe wehren, nicht mehr zeitgemäße Fahrzeuge zu bauen. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, forderte zum Kauf von sparsamen Toyota- Autos mit Hybridantrieb auf, und der Berliner CDU-Politiker Friedbert Pflüger regte ein gebührenfreies Parken für solche Autos an. Der Hybridantrieb ist eine Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor mit Vorteilen im städtischen Verkehr: Die beim Bremsen entstehende Energie lädt die Batterie. Künast sagte auf Anfrage, sie habe „ein Zeichen setzen“ wollen, damit die deutschen Hersteller endlich umweltverträgliche Produkte auf den Markt brächten. „Wer das verschläft, wird nachher sein blaues Wunder erleben“, sagte Künast.

Beim Verband der Autoindustrie (VDA) in Frankfurt hieß es dazu auf Anfrage, Künast sei nicht gut informiert. Bei einer Überlandfahrt habe der Toyota Prius zehn Prozent mehr Treibstoff verbraucht als ein mit Diesel angetriebener Golf. Alle deutschen Hersteller zusammen hätten derzeit 38 Modelle im Angebot, die weniger als 130 Gramm CO2 pro Kilometer emittierten, sagte ein VDA- Sprecher. Und ein VW Polo Blue Motion liege mit einem Durchschnittsverbrauch von 3,99 Liter unter dem Prius mit 4,3 Liter. Die Autoindustrie ist in die Kritik geraten, weil sie den durchschnittlichen Kohlendioxidausstoß bis 2008 auf 140 Gramm/Kilometer senken wollte. Derzeit liegt der Wert aber noch so hoch (rund 160 Gramm), dass diese Selbstverpflichtung nicht eingehalten wird. Die EU–Kommission will deshalb den Grenzwert bis 2012 bei 130 Gramm festlegen.

Den Vorschlag der EU-Kommission, Fluggesellschaften, Flughafenbetreiber und Luftfahrtindustrie in den CO2- Zertifikatehandel einzubeziehen, begrüßte die Branche in einer gemeinsamen Stellungnahme als „konsequent“. Der Emissionshandel soll Firmen dazu bringen, energiesparend zu wirtschaften. Unternehmen kaufen das Recht, eine bestimme Menge CO2 auszustoßen. Wer weniger ausstößt als erwartet, kann Zertifikate verkaufen. An der Leipziger Strombörse kostete das Recht, eine Tonne CO2 zu erzeugen, zuletzt knapp 1,50 Euro. Unterm Strich bedeutet der Zertifikatehandel für viele Firmen Mehrkosten, die sie an die Verbraucher weitergeben.

Airlines und Flughafenbetreiber bekräftigten ihre Kritik am Plan der EU-Kommission, zunächst nur innereuropäische Flüge zu erfassen. Der Vorschlag begünstige nicht-europäische Fluglinien, die dann billigere Tickets anbieten könnten. Ein Air-Berlin-Sprecher kündigte Widerstand an: „Keine Airline wird die Wettbewerbsverzerrung hinnehmen, dass beispielsweise US-amerikanische oder asiatische Fluglinien nichts bezahlen“, sagte er dem Tagesspiegel.

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