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Regionalverkehr: Konkurrenten attackieren die Deutsche Bahn

Fürchtet die Deutsche Bahn um ihr Monopol? Im Streit um lukrative Aufträge in Berlin und Brandenburg operiere der Konzern mit falschen Zahlen, kritisieren private Anbieter.

Berlin - Im Streit um lukrative Regionalverkehrs-Aufträge in Berlin und Brandenburg werfen die Privatbahnen der Deutschen Bahn vor, mit falschen Daten zu argumentieren. Den behaupteten Lohnunterschied von bis zu 40 Prozent zwischen dem Staatsunternehmen und den Konkurrenten gebe es gar nicht. „Diese Zahl ist völlig aus der Luft gegriffen“, sagte Engelbert Recker, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes Mofair, dieser Zeitung. „Wir bezahlen unsere Leute ordentlich und nach Tarif – Lokführer etwa verdienen bei uns genauso viel wie bei der Bahn.“ Bei Mofair sind Bahn-Konkurrenten wie Abellio, Arriva oder Keolis organisiert.

Damit reagierte Recker auf Kritik von Ulrich Homburg, Vorstandschef der Bahn-Sparte DB Regio. Der Wettbewerb auf der Schiene funktioniere vor allem über die Lohntüten der Beschäftigten, hatte er kürzlich im Tagesspiegel-Interview gesagt. Dies erschwere es der Bahn, Aufträge im Schienen-Regionalverkehr zu gewinnen. In diesem Markt vergibt die öffentliche Hand in den kommenden Jahren Aufträge über mehr als eine Milliarde Euro. Homburg hatte einen Mindestlohn für die Branche verlangt – sonst werde das Lohnniveau weiter unter Druck geraten.

Die Bahn-Tochter DB Regio trage selbst die Schuld daran, dass sie nicht mehr konkurrenzfähig sei, sagte nun Recker. „Sie hat mit den Gewerkschaften teure Tarifverträge abgeschlossen, als sie noch dachte, auf ewig der Platzhirsch zu sein. Das rächt sich nun“, urteilte er. Außerdem sei sie zu hohen Zahlungen an den Bahn-Konzern verpflichtet und könne deshalb keine konkurrenzfähigen Angebote abgeben. Der Wettbewerb auf der Schiene habe seit 1994 zu mehr Verkehr, besserem Service und zu mehr Arbeitsplätzen geführt.

In der Hauptstadtregion hat der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) 16 Regionalstrecken ab Ende 2011 ausgeschrieben – ein so großes Marktvolumen wie noch nie. Bislang betreibt die Bahn diese Strecken. Homburg zufolge sind schlimmstenfalls 2000 Arbeitsplätze bedroht, wenn die Bahn nicht den Zuschlag bekommt. Mofair-Experte Recker sagte dazu, die Bahn verbreite „Horrorzahlen“. „Wenn andere die Ausschreibung gewinnen, entstehen dort neue Arbeitsplätze.“ Zudem könne die Bahn Serviceeinrichtungen wie Werkstätten ja den Wettbewerbern zur Verfügung stellen, wenn dort Jobs bedroht seien. „Es gibt für niemanden eine Bestandsgarantie, auch wenn die Bahn das gerne hätte.“ Ihr Marktanteil liege im Regionalverkehr bei 93,2 Prozent. „Wenn DB Regio einen Marktanteil von 70 Prozent anstrebt, kann sie noch viele Ausschreibungen verlieren“, sagte Recker mit Blick auf Homburg, der diese Marke als Ziel vorgegeben hatte.

Mofair wehrt sich zudem gegen das Ziel der Bahn, einen Branchentarifvertrag mit Mindestlöhnen für alle Anbieter zu erreichen. Lohnuntergrenzen dürften nicht auf dem Niveau des Monopolisten festgesetzt werden. Recker: „Wer das verlangt, zeigt, dass er im Grunde gar keinen Wettbewerb, sondern nur seinen Besitzstand sichern will.“ Carsten Brönstrup

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